So ungefähr zehn Jahre, erinnert sich Sebastian Fuhrmann, muss er alt gewesen sein, als ihm ein "Schlüsselerlebnis", wie er es nennt, widerfuhr. In Naumburg an der Saale, wo er aufgewachsen ist. Nach einer vorweihnachtlichen Chorprobe in seiner Kirchgemeinde. Für Jungs in seinem Alter ist Singen nicht gerade selbstverständlich. Singen ist eher etwas für Mädchen. "Jungs spielen lieber Fußball", sagt Fuhrmann. Und er? So richtig motiviert war er damals wohl nicht. Bis ihm die Partitur des Weihnachtsoratoriums in die Hände fiel. Der Kantor hatte sie liegen lassen. Sebastian blätterte und blätterte, schaute auf die vielen Noten. Rund 180 000 mögen es insgesamt sein, die Bach für seine sechs Kantaten aufs Notenpapier kritzelte. Eine unglaubliche Menge. "Die", erinnert er sich heute, "haben mich überwältigt". Sie ließen ihn werden, was er heute ist: Kantor nämlich.