Bevor sich jetzt jemand künstlich aufregt: Selbstverständlich gehört das Wort "Titte" nicht zum allerfeinsten Sprachgebrauch. "Derb für weibliche Brust", erklärt der Duden. Genauso derb sind sie aber gemeint, die (künstlichen) Brüste, die dieser Tod da unter dem Erfurter Dom offen vor sich herumträgt. Nichts da mit schwarzer Kutte und lichtscheuem Getue: Der Tod zeigt Gesicht und Fleisch - mit Ledermantel und enger, glänzender Corsage. Und er ist nicht nur weiblich, er macht auch noch - was die Schauspielerei betrifft - die beste Figur in einer nagelneuen "Rockoper", die das Erfurter Theater aus dem Stoff zu Hugo von Hofmannsthals Mysterienspiel "Jedermann" schälte. "Regieren tut allein der Tod", schmettert diese unheimliche Dame (Brigitte Oelke) gleich zu Beginn der Premiere am Donnerstagabend selbstbewusst über die Domstufen, hinter denen St. Marien und St. Severin in den Himmel wachsen. Es klingt wie eine Ansage an in Stein gehauene Glaubensfesten: Gott oder Teufel - auch die kommen vor in der musikalischen Zwei-Stunden-Show - sind nichts als armselige Wichte. Wow, Frauenpower mal anders.