Erfurt Land will Förderquote für den Wohnungsbau kürzen

Kommunale Wohnungsgesellschaften sollen sich künftig Geld auf dem Kapitalmarkt besorgen. Archiv- Foto: dpa

Damit Wohnungsunternehmen bezahlbare Wohnungen bauen oder Immobilien sanieren können, sind viele von ihnen auf Staatsgelder angewiesen. Aber die Förderquoten in Thüringen werden wohl sinken.

 
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Erfurt - Beim Wohnungsbau in Thüringen müssen die Unternehmen der Branche damit rechnen, in Zukunft weniger Fördergeld als in der Vergangenheit für ihre Projekte zu erhalten. Während zuletzt Förderungen von bis zu fast 100 Prozent der Projektkosten durch öffentliche Gelder möglich gewesen seien, werde es in Zukunft wahrscheinlich nur noch Förderungen in Höhe von 50 bis 60 Prozent geben können, erklärte Thüringens Infrastrukturminister Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) am Donnerstag in Erfurt auf einer Verbandsversammlung der Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft.

Ein Grund dafür sei, dass die öffentlichen Kassen infolge der Coronakrise massive Einnahmedefizite zu verzeichnen hätten, argumentierte Hoff. Ein anderer Grund sei, dass die Nachfrage nach Mitteln aus den Förderprogrammen des Landes zum Wohnungsbau zuletzt deutlich gestiegen sei. Wenn die Fördersätze für einzelne Vorhaben abgesenkt würden, hätten bei einer insgesamt gleichbleibenden Fördersumme allerdings mehr Unternehmen die Möglichkeit, Geld vom Staat zu erhalten.

Eine der zentralen Überlegungen dahinter ist nach Angaben aus Kreisen des Infrastrukturministeriums: Vor allem eher kleinere Wohnungsbauunternehmen etwa im ländlichen Raum werden zuverlässiger an Fördermittel kommen können, wenn über eine Absenkung der Förderquote sichergestellt wird, dass nicht die größeren Wohnungsunternehmen, die vor allem in den Städten sitzen, diese Töpfe durch die Beantragung von Großprojekten mehr oder weniger für sich alleine in Anspruch nehmen.

Nach Angaben des Ministeriums gibt es in diesem Jahr deutlich mehr Anträge auf Gelder aus der Wohnungsbauförderung, als Mittel dafür zur Verfügung stehen. Insgesamt seien etwa 92 Millionen Euro mehr von den Unternehmen beantragt worden, als ausgegeben werden könnten. Bei den Unternehmen mussten deshalb schon mehr oder weniger fest geplante Bau- oder Sanierungsprojekte abgesagt werden.

Der Direktor des Verbands der Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (vtw), Frank Emrich, signalisierte eine vorsichtige Zustimmung zu diesen Überlegungen Hoffs. Die zentrale Frage für den weiteren Umgang mit Fördermitteln zum Wohnungsbau sei, wie aus dem vorhandenen Geld mehr gemacht werden könne, sagte er auf der Verbandstagung. Wenn niedrigere Fördersätze dazu führten, dass mehr Wohnungsunternehmen von solchen Zuwendungen profitieren könnten, sei dies zu begrüßen.

Allerdings forderte Emrich gleichzeitig, dass die Landespolitik im nächsten Jahr mehr Geld zur Wohnungsbauförderung zur Verfügung stellen müsse, als derzeit im Entwurf des Landeshaushalts für 2021 vorgesehen sei. Die bislang nach seinen Angaben veranschlagten insgesamt 35 Millionen Euro reichten bei Weitem nicht aus, sagte Emrich. Der vtw fordere 50 Millionen Euro zusätzlich für die Wohnungsbauförderung im nächsten Jahr. Nur wenn ausreichend Geld für die Wohnungsbauförderung zur Verfügung stehe, sei es möglich, die Ziele gleichzeitig zu erreichen, die auch Hoff als Ziele der Wohnungsbaupolitik des Landes genannt hatte: Bezahlbares, barrierefreies und klimafreundliches Wohnen.

Im vtw sind mehr als 200 mehrheitlich kommunale Wohnungsgesellschaften und Wohnungsgenossenschaften organisiert. Er ist damit der größte Verband der Wohnungswirtschaft im Land. Die Verbandsunternehmen bewirtschaften nach eigenen Angaben gegenwärtig einen Bestand von etwa 265 000 Wohnungen im Freistaat. Etwa jeder vierte Thüringer wohnt damit bei einem vtw-Unternehmen.

Damit die einzelnen Wohnungsprojekte auch bei sinkenden Förderquoten für die Unternehmen im Land finanzierbar bleiben, sollen sich die Unternehmen nach den Überlegungen von Hoff und Emrich verstärkt Geld auf dem Kapitalmarkt leihen. Weil die Zinsen für Kredite niedrig sind und die meisten der Unternehmen eine gute Bonität aufweisen, sei das eine realistische Möglichkeit, in Zukunft ausfallende Fördergelder zu kompensieren, hieß es. sh

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