Ehrenamtlich in Ostafrika „Die meisten haben noch nie einen Zahnarzt gesehen“

Sofie Flurschütz

Huong Tra Dinh aus Eisfeld behandelt Menschen, die noch nie einen Zahnarzt gesehen haben und teilweise seit Jahren mit Schmerzen leben. Zwei Wochen lang ist die Zahnärztin mit einen Team ehrenamtlich im ostafrikanischen Uganda tätig.

 
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Um sieben Uhr morgens aufstehen, Toast mit Butter und Banane frühstücken und mit der Gruppe gemeinsam losdüsen. In zwei Autos lagern Füllungsinstrumente, Polimerisationslampen zum Härten von Füllungen mit Licht und Extraktionszangen zum Ziehen von Zähnen – sicher verpackt in Reisetaschen und Koffern. Angekommen an einer Grundschule in Mityana im ostafrikanischen Uganda sieht Huong Tra Dinh viele lächelnde Kinder, die sich aus den Fenstern gelehnt haben und winken. Die Zahnärztin aus Eisfeld ist Teil eines siebenköpfigen Teams, das sein Equipment in einem provisorischen Behandlungszimmer aufbaut und dann umgehend tätig wird. Denn das ist hier bitter nötig.

Der Raum ist fast leer, nur ein paar Bänke als Behandlungsliegen und Tische als Ablagen stehen vor Ort. Das Team stöpselt Mikromotoren und andere Werkzeuge in die Steckdosen und ruft nach Klassenliste die ugandischen Kinder zur Behandlung herein. So sah der Arbeitsalltag von Huong Tra Dinh zwei Wochen lang aus. Seit Donnerstag der vorigen Woche ist sie wieder zurück in Eisfeld – und um viele Erfahrungen reicher. „In einem Zimmer haben wir verschiedene Stationen errichtet, sodass mehrere Prozesse parallel ablaufen konnten. Eine Zahnärztin hat jeweils die Zähne der Kinder durchgeschaut und die Kinder dann weitergeleitet – je nachdem, was getan werden muss“, berichtet die 25-Jährige. So habe es einen Abschnitt zur Füllung, dem Ziehen von Zähnen oder zum Sterilisieren gegeben. „Die meisten haben noch nie einen Zahnarzt gesehen, denn es ist in diesen Ländern nicht üblich. Sie gehen meistens erst zu einem Zahnarzt, wenn es wehtut und dann ist es oft zu spät“, sagt Huong Tra Dinh. „Je älter die Kinder waren, desto mehr Behandlungsbedarf bestand, da musste auch der ein oder andere Zahn eben raus.“

Täglich bis 17 Uhr und oft an mehreren Orten haben die zwei Zahnärztinnen und fünf Zahnmedizin-Studentinnen gearbeitet. Insgesamt habe sie mit ihrem Team mehr als 50 Schüler pro Tag durchgecheckt, sagt Huong Tra Dinh. Nach der Behandlung bekamen die jungen Patienten eine fluoridierte Schutzschicht aufgetragen und im Klassenzimmer zeigten ihnen die deutschen Studentinnen an einem Modell-Gebiss, wie sie systemisch ihre Zähne richtig putzen und verteilten Zahnbürsten. Der niedrige Entwicklungsstand in dem Land in Ostafrika wirkt sich auch auf die 21 Millionen Kinder, die Hälfte der Bevölkerung Ugandas, aus: „Viele Kinder haben gar keine oder eine stark abgenutzte Zahnbürste“, sagt die Eisfelderin. Nicht alle Fünf- bis Zehnjährigen haben sich allerdings sofort behandeln lassen. „Bei besonders ängstlichen Kindern haben häufig die Lehrer auf Swahili zugeredet“, sagt die Zahnärztin. „Allgemein haben sich die Grundschüler gefreut, waren aber vorsichtig. Sie haben viel beobachtet und sich erst beim Reden oder Spielen mehr getraut.“

Seit drei Jahren fliegt die Eisfelderin in arme Regionen, um dort ehrenamtlich Menschen zu behandeln. Zwei jeweils fünfwöchige Auslandseinsätze in der Dominikanischen Republik hat Huong Tra Dinh, die gegenwärtig promoviert, 2019 und 2021 erlebt. „Für das zahnärztliche Projekt in Uganda habe ich mich recht spontan entschieden“, sagt sie. Huong Tra Dinh hat Zahnmedizin in Regensburg studiert und ist über die Universität auf das Hilfsprojekt in Ostafrika gestoßen. „Einen niedrigen Lebensstandard war ich von meinen bisherigen Aufenthalten in der Dominikanischen Republik gewohnt, aber Uganda war krasser“, sagt sie. „Ich war noch nie in Afrika, aber habe schnell gemerkt, wie arm die meisten Menschen dort sind, als ich Häuser sah, die ja gar keine Häuser, sondern aufgestellte Hütten oder aber Container sind.“

Lebenss „Mir hat die Arbeit mit Kindern viel Spaß gemacht. Ich habe viel gelernt und es war ganz anders als die zwei Einsätze zuvor, bei denen ich hauptsächlich Erwachsene behandelt habe“, resümiert Huong Tra Dinh. Sie sei dankbar für die Erfahrung, denn die Zeit in Uganda habe ihr verdeutlicht, dass auch mit wenig Equipment und viel Improvisation eine gute zahnärztliche Behandlung möglich ist. Die nächste Freiwilligenarbeit möchte Huong Tra Dinh wieder in der Dominikanischen Republik oder aber auf Haiti leisten.

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