Corona in Hildburghausen Fast nichts neu macht Warnstufe zwei

Marvin Kalwa

Im Landkreis sind seit Montag die Regeln für die Corona-Warnstufe zwei in Kraft. Für die meisten Menschen ändert sich nichts. Nur im Schulunterricht gilt wieder Maskenpflicht.

 
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Immerhin an den Überschriften haben sie im Landratsamt dann doch ein wenig rumgespielt. Stehen die Paragrafentitel in der vormaligen Corona-Allgemeinverfügung des Landkreises Hildburghausen noch ganz normal linksbündig auf dem Papier, sind sie diesmal zentriert eingefasst worden. Ein bisschen länger wirkt die Richtlinie deswegen nun. Inhaltlich hat sich aber zwischen Warnstufe eins und zwei, in der sich der Landkreis seit Freitag offiziell befindet, nichts verändert.

Das mag verwundern, wenn man davon ausgeht, dass mit dem Erreichen einer höheren Warnstufe auch altbekannte Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen oder schärfere Testregeln einhergehen müssten. Gleich beide auf den Landkreis bezogenen Warnindikatoren waren am Freitag den entscheidenden dritten Tag in Folge über die für die zweite Warnstufe maßgebenden Schwellen getreten. Der sogenannte Frühwarn-Indikator, die Sieben-Tage-Inzidenz, lag im Landkreis am Freitag bei 137,3 und damit im Bereich zwischen 100 und 200. Auch die Zahl der wegen oder mit Corona in Kliniken aufgenommenen Patienten aus dem Landkreis, die auf 100 000 Einwohner gerechnet auch als Hospitalisierungsinzidenz bekannt ist, steht seit vergangenen Mittwoch bei acht und damit innerhalb des Korridors zwischen sieben und zwölf. Während beide Werte am Montag unverändert blieben, rutschte derweil auch der einzige landkreisunabhängige Indikator in den „hellroten“ Bereich: der prozentuale Anteil der intensivmedizinisch betreuten Corona-Patienten an der Gesamtzahl der Intensivbetten Thüringen betrug seit Sonntag 6,1 Prozent, der Schwellenwert liegt hier bei sechs Prozent. Überschreiten sowohl die Sieben-Tage-Inzidenz als auch ein weiterer Indikator drei Tage hintereinander den Maximalwert der gerade geltenden Warnstufe, tritt die höhere Warnstufe in Kraft.

Doch eineinhalb Jahre Pandemiemanagement haben auch zu einem Auswuchs im Paragrafen-Dschungel geführt. So kommt es, dass die einzige relevante Änderung für den Landkreis gar nicht in der aktuellen Allgemeinverfügung genannt wird: seit Montag gilt in den Schulen des Landkreises wieder eine Maskenpflicht- auch während des Unterrichts. So sieht das die entsprechende Allgemeinverfügung des Thüringer Bildungsministerium vor. Da das Landratsamt laut Sprecher Tim Pechauf „hier keinen Bedarf sah, noch einmal zusätzlich nachzubessern“, wurde auf ihre Erwähnung in der Verfügung des Landkreises verzichtet.

In anderen Bereichen ändert sich an den geltenden Bestimmungen indes nichts. Dies steht im Einklang mit der Maßnahmenverordnung des Thüringer Gesundheitsamtes, sozusagen das Standardwerk unter den aktuell geltenden Pandemie-Vorschriften im Land. Demnach sollen neue Maßnahmen nur dann verhängt werden, wenn diese sachgerecht und verhältnismäßig sind. Sprich: Wenn steigende Corona-Zahlen auf einen Partyexzess zurückzuführen sind, sollen dafür nicht ganze Schulen im Kreis schließen.

Momentan ist die Situation nicht nur im Landkreis aber so, dass es besonders unter jungen Leuten viele Corona-Ansteckungen gibt. 53 der 136 registrierten positiven Fälle in den vergangenen zwei Wochen sind unter 18 Jahre alt. Allein im diesen Zeitraum habe das Gesundheitsamt auch vier Ausbrüche an Schulen verzeichnen müssen, teilte Sprecher Pechauf mit. Von einem Ausbruch sei demnach ab mindestens zwei Fällen die Rede. Eine diesbezüglich schwerwiegende Rolle spielt mit Sicherheit auch die niedrige Impfquote im Landkreis, gerade einmal 15,7 Prozent der Altersgruppe von 12 bis 17 Jahre sind derzeit hier geimpft – die niedrigste Quote in ganz Thüringen. Hinweise hingegen, dass das Infektionsgeschehen auch durch das wieder aufblühende Veranstaltungsleben angefacht worden sein könnte, gebe es seitens des Gesundheitsamtes in Hildburghausen nicht.

Deswegen also vorerst die Fokussierung auf die Maskenpflicht im Unterricht. Sie gilt für alle Schülerinnen und Schüler ab der fünften Klasse und die Lehrer. Lediglich in den Mindestanforderungen an die Mund-Nase-Bedeckung bestehen Unterschiede: Für Kinder und Jugendliche bis 15 Jahren gelten als ausreichende Bedeckung auch selbst genähte oder selbst hergestellte Stoffmasken, Schals, Tücher, Hauben und Kopfmasken. Wer älter ist, muss im Unterricht hingegen medizinische Masken oder FFP2-Masken tragen. Wie vertrackt die Verordnungsüberlappungen mitunter sein können, zeigt sich, wenn man entsprechende Regelungen ausgehend von der Allgemeinverfügung des Bildungsministeriums finden möchte: Diese verweist lediglich auf die Pflicht, eine Mund-Nasen-Bedeckung gemäß Thüringer Verordnung zur Eindämmung des Coronavirus an Schulen zu tragen. Doch auch selbige Verordnung zeigt zur genauen Definition, was denn eine „qualifizierte Maske“ sei, weiter auf die schon erwähnte Maßnahmenverordnung des Gesundheitsamtes. Von hinten durch die Brust ins Auge also gewissermaßen.

Frank Wagner, Leiter des Gymnasiums in Hildburghausen, ist trotz der neuerlichen Einschränkungen für Schüler und Lehrpersonal entspannt. Es ist ja nicht so, als wäre man an die Maskenpflicht nicht gewöhnt. Das vergangene Mal galt sie in den ersten zwei Wochen nach den Sommerferien. Jetzt müsse man sich eben wieder anpassen: „Wir werden versuchen, im Unterricht immer wieder zwischendurch kleine Pausen von drei bis vier Minuten einzulegen, damit die Schüler im Hof oder am Fenster frische Luft schnappen können.“ Insgesamt habe es aber noch nie ein großes Bohei um das Thema Maske im Unterricht gegeben. Zwei, drei Fälle, in denen Eltern nicht wollten, dass ihre Kinder Masken in der Schule tragen, gab es zwar während der Pandemiezeit. „Letztlich konnten wir aber auch diesen Eltern mit Überzeugungskunst beikommen“, sagt er. Natürlich sei die Frage, nach den sinnvollsten Maßnahmen immer eine Gratwanderung zwischen Gesundheit und Unterrichtsqualität. „Ein Drama“, so Wagner, „ist es aber nicht“.

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