Bund gibt Signal Mitte-Deutschland-Bahn wird ausgebaut

Oberleitungen für Elektro-Züge: Östlich von Weimar gibt es sie derzeit nicht. Foto: picture alliance/dpa/Christoph Soeder

War die Furcht vor einem Stopp des Bahn-Ausbaus zwischen Erfurt und Chemnitz nur ein Sturm im Wasserglas? Die Bundesregierung jedenfalls beruhigt: Die Elektrifizierung kommt, auch wenn sie teurer wird als geplant. Allerdings bleibt unklar, wer das zweite Gleis in Ostthüringen bezahlt.

 
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Erfurt/Berlin - Die Furcht vor einer Absage des Ausbaus der wichtigsten Bahnverbindung zwischen Thüringen und Westsachsen war möglicherweise ein Sturm im Wasserglas. Sowohl Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) als auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hätten zugesichert, dass am elektrischen, Ausbau der Mitte-Deutschland-Schiene festgehalten werde und dieser im verkehrspolitischen Interesse der neuen Bundesregierung liege, hieß es am Sonntag aus mehreren Quellen in Berlin. Bei dem Projekt geht es um die durchgehende Elektrifizierung und Zweigleisigkeit der Strecke Erfurt–Gera–Chemnitz, die Teil einer der wichtigsten Ost-West-Fernverbindungen zwischen NRW, Thüringen und Sachsen ist.

Nach Angaben der „Ostthüringer Zeitung“ hat Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) eine Zusicherung direkt aus dem Bundeskanzleramt erhalten. Die Regierungszentrale sehe den Ausbau der Mitte-Deutschland-Verbindung weiter als prioritäres Projekt und wolle in der kommenden Woche die Irritationen mit der Deutschen Bahn ausräumen. Man gehe davon aus, dass die DB entsprechende Stellschrauben drehe, um letztlich doch die Elektrifizierung auf den Weg zu bringen, hieß es dem Blatt zufolge weiter.

Diese Position wird nach Angaben des Südthüringer FDP-Bundestagsabgeordneten Gerald Ullrich auch von Verkehrsminister Wissing geteilt. „Alle gehen hier fest davon aus, dass die Strecke ausgebaut wird“, sagte der aus Floh-Seligenthal stammende Abgeordnete auf Nachfrage unserer Zeitung. „Auch der Minister.“ Im Bundesverkehrsministerium haben man, so Ullrich, am Freitag verwundert auf die lauten Befürchtungen der Thüringer Landesregierung reagiert.

Verkehrsministerin Susanne Karawanskij (Linke) hatte sich auf eine Kosten-Nutzen-Analyse der Deutschen Bahn bezogen. Demnach werde die Oberleitung für die bisher nicht elektrifizierten 115 Kilometer zwischen Weimar und der sächsischen Landesgrenze bei Gößnitz mit rund 600 Millionen Euro viel teurer als zunächst geschätzt – und damit seitens der DB der Nutzen der Investition infrage gestellt. Diese Nachricht hatte in der Region für Entsetzen gesorgt. Eine modernisierte Mitte-Deutschland-Verbindung gilt insbesondere in Ostthüringen und im Raum Chemnitz als unverzichtbarer Anschluss an den schnellen ICE- und Güterverkehr Richtung Westen. Auch schüfe eine durchgehende Oberleitung erstmals die Möglichkeit, Ostthüringen mit Erfurt und Chemnitz ohne Umstieg auf Dieselzüge zu verbinden.

Die von der Thüringer Landesregierung kritisierte Wirtschaftlichkeitsberechnung der DB sei noch gar nicht abgeschlossen, sagte FDP-Mann Ullrich. „Das endgültige Ergebnis liegt nicht vor“, ergänzte er. Verkehrsminister Wissing stehe wie die gesamte Bundesregierung zu der allgemeinen Zusage, die Bahn zu modernisieren und mehr Güter auf die Schiene zu verlagern. „Deshalb wird auch die Mitte-Deutschland.-Verbindung kommen.“

Offen ist allerdings, inwieweit sich der Freistaat an den Planungskosten beteiligen wird und wie viel der Bund für die neben der Elektrifizierung von Thüringen gewollte durchgehende Zweigleisigkeit (mit mindestens 130 Millionen Euro Zusatzkosten) zuschießt. Nach Expertensicht macht es keinen Sinn, eine Oberleitung zu bauen, während es immer noch eingleisige Abschnitte gibt. er

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