Aus der Opposition im Deutschen Bundestag kam dennoch Kritik. "Die europäischen Regierungen beenden die Solidarität mit Menschen in Seenot und beugen sich dem Willen des italienischen Innenministers und Populisten (Matteo) Salvini", kommentierte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt. Die Lage für die Geflüchteten in Libyen sei verheerend. In Lagern seien Folter, Ausbeutung, Menschenhandel und sexuelle Gewalt an der Tagesordnung.
Der Verband Deutscher Reeder (VDR) befürchtet, dass "angesichts der Handlungsunfähigkeit der Europäer" nun vermutlich wieder verstärkt die Besatzungen von Handelsschiffen in Seenot geratene Menschen retten müssen. "Seeleute sind für solche Einsätze nicht ausgebildet und Handelsschiffe denkbar ungeeignet, Flüchtlinge aufzunehmen", sagte Präsidiumsmitglied Ralf Nagel. Nach internationalem Recht sind Schiffsbesatzungen zur Seenotrettung verpflichtet.
Die libysche Küstenwache spielte die Bedeutung der Operation Sophia für die Seenotrettung hingegen herunter. Es handele sich um eine Sicherheitsoperation, die nicht unbedingt etwas mit dem Kampf gegen illegale Migration zu tun habe, sagte Marinesprecher Ajub Kassim am Mittwoch. Das Training der Küstenwache durch die EU gehe weiter.
Wie die zukünftige deutsche Beteiligung an der Operation Sophia aussehen wird, muss die Bundesregierung bis Ende Juni entscheiden. Dann läuft nämlich das aktuelle Mandat für die Bundeswehrbeteiligung aus, während der EU-Einsatz noch bis mindestens Ende September weiterlaufen soll.
Sowohl Grüne als auch Linke forderten die Bundesregierung auf, den Menschen künftig außerhalb militärischer Strukturen zu helfen. "Zivile europäische Seenotrettung ist auch möglich, wenn sich einige Mitgliedsstaaten zusammenschließen", sagte die Grünen-Abgeordnete Franziska Brantner. Der Linken-Politiker Alexander S. Neu sprach sich für die "Stärkung und Entkriminalisierung" der zivilen Flüchtlingshilfe durch Organisationen wie Sea-Watch oder Mission Lifeline aus. Deren Arbeit wird derzeit auch von der italienischen Regierung behindert. Ihnen wird regelmäßig verweigert, mit geretteten Migranten in italienischen Häfen anzulegen.
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) sprach von einem moralischen und politischen Versagen Europas auf dem Rücken der Schwächsten. "Mehr Menschen werden von jetzt an im Mittelmeer ertrinken, weil Kräfte zur Seenotrettung fehlen", sagte der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm am Mittwoch. "Als Kirchen werden wir weiter für Seenotrettung im Mittelmeer und die Einhaltung von Menschenrechten für Geflüchtete streiten und weiterhin für eine dauerhafte europäische Lösung zur Aufnahme und Verteilung der aus dem Mittelmeer geretteten Flüchtlinge eintreten."