Frauenwald - Aus allen Ecken Deutschlands knattern Schwalbe, Sperber, Habicht, Star, S 50/51 aber auch Schikra und MZ an. Zehn Stunden touren etwa die Asphalt-Schwalben aus der Rhein-Main-Region an den Rennsteig. Und das nicht nur, weil einigen der in die Jahre gekommenen Vögelchen unterwegs kurzzeitig die Flügel lahm werden bzw. der Motor stottert: Die Hessen kommen im großen Pulk. Mit 25 Schwalbe- bzw. Simson-Fans sind sie dieses Mal die wohl größte Truppe. Unter anderem auch aus Aachen, Augsburg, Berlin, Hannover, Gütersloh, Ostwestfalen-Lippe, Ingolstadt, Leipzig kommen die Liebhaber der Suhler Zweiräder und feiern am langen Wochenende im Thüringer Wald.

Höhepunkte hat dieses Treffen viele. Die gemeinsame Ausfahrt am Samstag nach Suhl zum Simsongelände und ins Fahrzeug- oder Waffenmuseum sorgte für Aufsehen. Am Sonntag bereicherten einige der Simson-Vögel das Oldtimer-Treffen in Waldau (Landkreis Hildburghausen). Weil es das Wetter gut mit ihnen meinte und Bildung auch zu solch einem Treffen gehört, zog es Knatter-Fans ins DDR-Spielzeugmuseum nach Ilmenau.



An den Abenden wird natürlich gefeiert. Auch das Wiedersehen mit alten Bekannten. Immerhin ist es bereits das achte Treffen an diesem Ort. Obwohl von Jahr zu Jahr mehr hinzukommen, so kennt man sich inzwischen gut und sorgt füreinander. Wie "Simse 68". Die Berlinerin, die im Alltag Simone heißt und eigentlich eine 250er MZ fährt, hat für alle Soljanka gekocht. Die dazu gehörenden Schnippel-Stunden hat sie nicht gezählt. Am Ende sind aber vier 5-Liter-Töpfe voll. Nur mit Fleisch. Das hat sie zu Hause vorgeschnippelt und -gebraten. Ketchup, Gurken, Tomate und Paprika kommen vor Ort dazu. Die Überraschung gelingt und ist echt lecker. Kein Wunder, dass die Feuerstelle der Berliner mit den riesigen Kochtöpfen bestens besucht ist. Das Equipment hat der Verein aus Bernau natürlich nicht auf Mopeds und Motorrädern transportiert. Die zehn Angereisten sind noch gut aufgestellt vom letzten Treffen: Erst am 1. Mai haben sie ihr 10. Simson-Event in Bernau gefeiert.

Die meisten der Camper des Simson-Treffens haben sich über das Internet kennengelernt. Über Schwalbennest.de, später auch das Simsonforum.de werden seit Jahren die Treffen organisiert und die Kontakte gehalten.

Die Angereisten sind oft so verschieden wie ihre Vögel selbst. Gilbert aus Oberursel beispielweise oder Tobi aus Darmstadt. Der 34-jährige Gilbert ist Produktdesigner und hat über die Liebe zu seiner Schwalbe einiges gestaltet. Die Vereinsfahne gehört ebenso dazu wie der Schwalbe-Handy-Halter aus dem 3-D-Drucker. Dann ist da der Simson-Hofnarr, Marktschreier oder zu neudeutsch: Spiele-Instruktor! Tobi aus Darmstadt hat sich dazu bereits im vergangenen Jahr qualifiziert. "Mir war das einfach zu langweilig", sagt der fast 24-Jährige, der mit seiner vierten Teilnahme sozusagen schon zur alten Garde des Rennsteig-Treffens gehört. Mit seiner selbst Männer-Blicke-anziehenden Berlin-chick-Hose (Hintern am Knöchel) und seiner "Hure" - einem Star, den er und sein Freund als "Ausgeburt der Hölle" nie fertig restaurieren werden - düst er einladend über den Platz. Seine Stunts, die kecke Art, das angekündigte Langsam-Zeitfahren und der witzig moderierte Wasser-Becher-Parcour locken selbst den trägsten "Am-Feuer-Sitzen-Woller" aus dem Campingstuhl.

Dann aber passiert das: Tobis "unfertiger" - für manchen "heruntergewirtschafteter" - Star findet auf dem Platz diese etwa gleichaltrige Schönheit: einen Harley-Star. Ralf von den Asphalt-Schwalben hat seinen Vogel - pardon: Star - weiß lackiert und mit wehenden Lederstreifen am Lenker einen dezenten Harley-Touch verpasst. Die beiden Vögel sind so gegensätzlich, wie ihre Fahrer wohl auch. Aber erfrischend schön. Ein Treffen der schrägen Vögel also.