Wir haben in Thüringen eine Opposition, die am selben Tag früh "Mehr, mehr, mehr!" schreit, egal um welche Ausgaben es geht, um nachmittags der Landesregierung Verschwendungssucht und Schuldenpolitik vorzuwerfen. Und wir haben einen Oppositionsführer, der seine vornehmste Pflicht darin sieht, Behauptungen zu verbreiten, wie isoliert Thüringen in Berlin angeblich ist. Fakt ist, dass Thüringen aktuell den höchsten Haushaltsüberschuss der mitteldeutschen Länder aufweist und in der Bundespolitik aktiver mitmischt als in 25 Jahren CDU-Herrschaft. Wir nehmen einen überfälligen Umbau in Angriff und geben ihm die Richtung: mehr Zukunftsinvestitionen, mehr sozialer Zusammenhalt, mehr Bürgerorientierung in der Verwaltung, weniger Kleinstaaterei. Rot-Rot-Grün wird die Herausforderung annehmen. Weil es nicht bleiben kann, wie es ist, wagen wir mehr Veränderung.
Die Achillesferse der Landesentwicklung ist die Bevölkerungsentwicklung. Immer noch stattfindende Abwanderung, zu wenig Zuwanderung und eine zu geringe Geburtenzahl führen zu tausenden unbesetzten Lehrstellen. Ein eklatanter Bewerbermangel in immer mehr Branchen, ein schmerzhafter Personalmangel in allen Dienstleistungsbereichen, nichts davon wird besser, wenn wir abwarten. Deshalb haben wir die Inklusion zum obersten Ziel der Thüringer Arbeitsmarktpolitik erklärt. Deshalb schaffen wir mit den Landesarbeitsmarktprogrammen neue Stellen für Langzeiterwerbslose als Brücke in den ersten Arbeitsmarkt. Deshalb werden wir in Zukunft viel mehr Augenmerk darauf legen, dass arbeitslose Jugendliche ohne Ausbildungsplatz eine neue Chance bekommen.
Aber selbst wenn es uns gelingt, alle Reserven zu mobilisieren, brauchen wir in den nächsten zehn Jahren eine sechsstellige Zahl von Menschen, die als Fachkräfte zu uns kommen, um überhaupt das erreichte Niveau von Wohlstand, Wirtschaftsentwicklung und sozialer Infrastruktur halten zu können. Wir brauchen jede fleißige Hand und jeden schlauen Kopf. Niemand wird so naiv sein, zu glauben, dass Flüchtlinge unser Arbeitskräfteproblem lösen. Nein, dieses Problem lösen wir nur, wenn wir die Migration nach Deutschland endlich gesetzlich regeln und unser Staatsbürgerrecht modernisieren. Ein Zuwanderungsland braucht ein Einwanderungsgesetz. Dazu müssen eine Investitionsoffensive in die Infrastruktur, ein Ausbau der sozialen Sicherheit zum Schutz der sozialen Grundgewissheiten sowie eine von unten organisierte und geförderte Integration treten. Thüringen wird in den nächsten Jahren das Wachsen lernen. Es wird nicht gleich der Sozialismus ausbrechen, wenn wir an ein paar Stellen Investitionen nachholen und den Menschen soziale Sicherheit geben, damit sie ihre eigenen individuellen Träume verwirklichen können. Davor muss die Thüringer CDU keine Angst haben.
Eine Politik, die das Land nach vorn verändern will, muss die historischen Brüche, in denen wir leben, mit allen Zumutungen und Chancen benennen, ohne die Illusion zu verbreiten, es gäbe ein Zurück in gute alte Zeiten. Flüchtlinge sind nicht der "Hebel für ein anderes Deutschland", wie Mike Mohring schreibt. Es sind Menschen, die meist in Not und Angst hierhergekommen sind. Thüringen muss sich verändern, um Fremde als Bereicherung zu erkennen. Angst muss man vor denen haben, die Ängste schüren. Wir müssen bestehende Ängste ernst nehmen, den Menschen klar machen, wie die Hausordnung bei uns ist, und denen das Handwerk legen, die Häuser anstecken. Thüringen duldet weder Gewalt von Ausländern noch an Ausländern. Thüringen duldet gar keine Gewalt. Weltoffenheit geht nur mit offenen Herzen.
Die Integration von Flüchtlingen und Zuwanderern ist Teil eines gesellschaftlichen Modernisierungsprojekts. Es ist nicht so, dass wir nur die Wahl zwischen offenen Grenzen für alle oder einem abgeschotteten Land haben, in dem die Skrupellosen die Ängstlichen regieren. Meine Vision ist die einer sozialen Einwanderungsgesellschaft, in der sich sozialer Fortschritt, wirtschaftliche Transformation und kulturelle Modernisierung vereinen. Die Geschichte kennt keinen Rückwärtsgang. Thüringen hat sich in zweieinhalb Jahrzehnten zu einem Aufsteigerland gemausert. Wir sind Zuwanderungsland. Als soziale Einwanderungsgesellschaft haben wir eine Zukunft, in der unser Land eine sichere Heimat für alte und neue Thüringer ist.
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