Erfurt - Für die Wohlfahrtsverbände ist mehr Personal in den Kindertagesstätten dringlicher als ein beitragsfreies Kita-Jahr. Ein besserer Betreuungsschlüssel müsse Vorrang haben, forderte der Vorsitzende der Liga der Freien Wohlfahrtspflege, Reinhard Müller, am Mittwoch in Erfurt. Er sieht bei der personellen Ausstattung Nachholbedarf. So kämen bei den Vier- bis Sechsjährigen derzeit 16 Kinder auf eine Erzieherin. Hier sei eine Verdoppelung der Stellen wünschenswert. Das Geld sei für Investitionen in diesem Bereich besser angelegt als für das von der Landesregierung geplante beitragsfreie Kita-Jahr.

Da sich Kitas immer mehr zu Bildungseinrichtungen entwickelten, müsse man sich auch personell darauf einstellen, um die Qualität zu sichern. «Das geht nicht von heute auf morgen, aber in der mittelfristigen Haushaltsplanung sollte das angegangen werden», sagte Müller. Derzeit gebe es oftmals nicht mal Puffermöglichkeiten bei dem Ausfall von Erzieherinnen. Müller sieht in einem beitragsfreien Kita-Jahr auch keine Entlastung für sozialschwache Familien, da es bei Hartz IV-Empfängern entsprechende Verrechnungen gebe.

Das gebührenfreie Kita-Jahr gehört zu den großen Projekten der rot-rot-grünen Koalition in Thüringen. Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hatte zuletzt erklärt, dass das letzte Kita-Jahr vor der Einschulung der Kinder gebührenfrei werden soll. Diskutiert worden war auch das erste Kita-Jahr.

Bei einer Neufassung des Kita-Gesetzes müssen nach Ansicht der Wohlfahrtspflege auch die jüngsten Urteile des Oberverwaltungsgerichts berücksichtigt werden, welche die Rolle der freien Träger bei der unabhängigen Fachberatung der Kitas stärken. Demnach hätten öffentliche Träger von der Einrichtung eigener Beratungsdienste abzusehen, wenn es entsprechende Angebote freier Träger gebe, sagte Müller. Für die Fachberatungsleistungen pro Jahr wird je Kind eine gesetzlich verankerte Pauschale von 30 Euro gezahlt. dpa