Als Thüringens Schriftstellerverband seine Mitglieder vor einem Jahr für ein Wochenende in Meiningen versammelte, war das Buch noch Projekt. Die Geschichten von Wölfen und Zauberwesen erst Ideen. Solche, von denen die Autoren nur ein wenig raunten. Um den Wald sollte es gehen. Seine Geheimnisse, seine Bewohner, seinen Zauber. Ein Buch, an dem alle gemeinsam schreiben. Vierzehn Verfasser. Für das ganz junge Lesepublikum.

Nun liegt das Buch im Handel. Seinen Titel kann man ziemlich lustig finden oder ziemlich blöd. Auf jeden Fall reimt er sich: "Bis bald im Wald". Was ganz eindeutig als Einladung zu verstehen ist, als freundliche Aufforderung, wieder einmal in den Wald zu gehen. Der in Thüringen ja nirgendwo allzu weit entfernt ist. Der ja oft gleich hinter dem letzten Haus in der Straße beginnt.

Insofern war es durchaus naheliegend, dass Thüringens Schriftsteller auf der Suche nach einem gemeinsamen Thema auf den Wald gekommen sind. Weniger naheliegend war es, dass ihr Waldbuch keines für Erwachsene - für welche die Mehrzahl der Beteiligten sonst schreibt -, sondern eines für Kinder geworden ist. Eines, in dem der Wald, vor allem aber Kinder und ihr Walderleben im Mittelpunkt stehen. Kinder, knapp an der Schwelle zum Teenager oder bereits auf ihr.

Aufs Land verfrachtet

Den richtigen Ton für sie zu finden, fällt einigen Autoren merkbar schwer. So unwahrscheinlich "Buckel" und "Grips" aus dem Mund eines Zwölfjährigen klingen, so wenig würde ein Vierzehnjähriger von "geilen Schmetterlingen" sprechen.

Das stört und auch die pädagogische Absicht, die einige Geschichten fast schon aufdringlich vor sich hertragen. Was oft auch noch mit der ermüdenden Wiederholung eines Erzählmusters einhergeht: Ein Stadtkind wird von seinen Eltern fürs Wochenende oder gleich für die gesamten Ferien gegen seinen Willen aufs Land verfrachtet. Das Stadtkind will nur wieder weg. Dann aber wird es vom Wald eines Besseren belehrt. Es erkennt, wie aufregend und geheimnisvoll es zwischen Tannen, Weihern und Pilzen zugeht. Und wie wichtig es ist, dieser Umgebung mit größtem Respekt zu begegnen.

In Erle verwandelt

Allzu ernst schallt es dann durch den Wald, wo es doch dort auch sehr heiter schallen kann. In den Gedichten von Ulf Annel zum Beispiel. In denen sich der Jäger - Waidmannsheil! - recht dämlich selbst per Büchsenrückstoß außer Gefecht setzt. Der Wald kann auch Zauberort werden wie in Elisabeth Dommers schöner Erzählung von "Erle Merle", einem kleinen Mädchen, das sich in eine Erle verwandelt. In Wirklichkeit oder doch nur in ihrem Traum, das bleibt für den Leser offen.

Auf die fantastische Kraft des Waldes versteht sich auch der Rudolstädter Schriftsteller Matthias Biskupek. Sein Wald darf mit kuriosen Pflanzenschöpfungen wuchern, nachdem er durch einen kleinen Fehler im Computer des Land- und Forstwirtschaftsbüros gelöscht wurde. Dumm nur, dass da bald noch etwas anderes im Wald wuchert. Und das ist ziemlich gefräßig.

Zu den Geschichten und Gedichten haben sieben Illustratoren des Weimarer Studios "Zeich mal" verwunschene, freche und manchmal auch gruselige Bilder vom Wald gezeichnet. Außerdem ist jeder Beitrag noch um zwei oder drei Seiten mit Erklärungen ergänzt. Dort ist dann etwa nachzulesen, wie ein Ameisenstaat funktioniert, was genau ein Biosphärenreservat ist oder was einen Teich von einem Weiher unterscheidet - lehrreich!

Nach knapp 180 Seiten über den Wald, den bedrohten, den kräftigen, den düsteren und den magischen, wird es dann aber höchste Zeit, endlich der Einladung von Thüringens Schriftstellern zu folgen und selbst in den Wald zu gehen. Den, der in Thüringen oft gleich am Ende der Straße hinter dem letzten Haus beginnt. So nah und doch so fremd. Auch für jene, die gar keine Kinder aus der großen fernen Stadt sind.

"Bis bald im Wald" - Kurzgeschichten von 14 Thüringer Autoren mit Illustrationen von Zeichnern des Weimarer Studios "Zeich mal", erschienen 2015 im Klak-Verlag Berlin für 12,90 Euro. Empfohlenes Lesealter 10 bis 12 Jahre.