Erfurt/Sonneberg - Nach dem umstrittenen Polizeieinsatz in Sonneberg am Freitag prüft neben der Abteilung für interne Ermittlung der Landespolizeidirektion auch die zuständige Staatsanwaltschaft Meiningen den Vorfall. Es lägen wegen des Einsatzes zwei Anzeigen bei der Polizei vor, die demnächst auch bei der Strafverfolgungsbehörde bearbeitet würden, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Dienstag unserer Zeitung. Das, was über den Einsatz bislang bekannt geworden sei, rechtfertige den Anfangsverdacht, dass sich Polizisten in diesem Fall einer Körperverletzung im Amt schuldig gemacht hätten. Diese Bewertung könne sich im Laufe der weiteren Ermittlungen aber auch noch einmal ändern. Wann mit ersten Ergebnissen der Ermittlungen zu rechnen sei, lasse sich derzeit nicht sagen, sagte der Sprecher.

Polizisten hatten am Freitagabend in Sonneberg eine Sitzblockade mehrerer junger Menschen geräumt und dabei neben körperlicher Gewalt auch Pfefferspray eingesetzt. Von dem Einsatz existieren mehrere Fotos, die unter anderem zeigen, wie ein Beamter sich vor der Menschengruppe aufstellt und aus einer Entfernung von etwa einem Meter den Reizstoff auf die Menschen sprüht, die bewegungslos am Boden sitzen. Auf einem anderen Foto ist zu sehen, wie ein Polizist einen Teilnehmer der Gruppe über den Asphalt schleift, um ihn aus der Blockade zu entfernen. Im Internet haben zahlreiche Nutzer von sozialen Medien den Einsatz als einen Fall von Polizeigewalt beschrieben. Die Demonstranten hatten sich einer Gruppe von Neonazis in den Weg gesetzt, die durch die Kreisstadt gezogen waren.


Dieser Bewertung des Vorfalls will man sich im Thüringer Innenministerium derzeit nicht anschließen. „Wir müssen das Ergebnis der Ermittlungen abwarten“, sagte ein Sprecher des Ressorts. „Die Bilder zeigen aber, dass hier der Vorwurf einer Körperverletzung im Raum steht.“ Die Fotos von dem Vorfall stammen von einem Fotografen der über sich selbst sagt, er schreibe „über Naziaktivitäten und linke Bewegungen in Thüringen und Sachsen“.

Nach Angaben eines Sprechers der Landespolizeidirektion sind die Beamten, die auf den Fotos von dem Einsatz zu sehen sind, keine Angehörigen einer Südthüringer Polizeidienststelle. Sie gehörten zur in Erfurt stationierten Bereitschaftspolizei, sagte er. Vorwürfe, dass diese Beamten – die in der Regel in geschlossenen Einheiten bei Großlagen eingesetzt werden – bei Demonstrationen übermäßig viel Gewalt anwenden, hat es vor allem aus dem linken politischen Spektrum in den vergangenen Jahren immer wieder gegeben. Vertreter der Landespolizei haben diese Vorwürfe stets zurückgewiesen.

Derweil haben auch die Kreisverbände von SPD und Linkspartei heftige Kritik an Superintendent Wolfgang Krauß geübt. In einer gemeinsamen Mitteilung heißt es, Krauß habe die Gegendemo ohne Grund für beendet erklärt, während Thügida noch seine Parolen rief. Daraufhin habe der SPD-Kreisvorsitzende Ansgar Scherf spontan die Versammlungsleitung übernommen. Das Verhalten des Superintendenten sei untragbar, so beide Parteien.

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