Nachbar-Regionen Ernüchternder Test: Anti-Terror-Sperren halten Lkw nicht stand

Betonblöcke sollen vor Terroranschlägen schützen. Foto: Markus Scholz

Massive Betonblöcke sollen Großveranstaltungen in Deutschland vor Anschlägen mit einem Lastwagen schützen. In einem Test wurde jetzt die Wirkung überprüft. Die Ergebnisse sind ernüchternd. Die Polizeigewerkschaft ist verwundert, erst durch die Medien von solchen Schwachstellen zu erfahren. Es wäre Aufgabe des Bundesinnenmisteriums gewesen, solche Test vorab in Auftrag zu geben.

 
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Leipzig/Erfurt - Die in Deutschland verwendeten mobilen Anti-Terror-Sperren aus Beton halten einem Angriff mit einem Lastwagen nicht stand. Das haben zwei Tests der Prüfgesellschaft Dekra im Auftrag des MDR-Magazins «Umschau» ergeben, wie der Mitteldeutsche Rundfunk in Leipzig mitteilte. Die überprüften Betonblöcke wurden den Angaben zufolge bundesweit zum Schutz von Großveranstaltungen eingesetzt.

Bei den Tests in Neumünster fuhr ein Lastwagen mit Tempo 50 auf die Betonsperren auf. Einmal standen die Sperren quer zur Fahrtrichtung, einmal schräg. Scheinbar mühelos habe der Lkw die 2,4 Tonnen schweren Betonblöcke beiseite geschoben und die Absperrungen durchbrochen, hieß es in einem MDR-Hörfunkbeitrag. Zwar sei der Lkw beim Aufprall beschädigt worden. Aber die Aufhaltewirkung sei «relativ gering» gewesen, sagte Dekra-Testleiter Marcus Gärtner.

Es könne nicht sein, dass erst durch den Test von Dekra und MDR die Öffentlichkeit und erst recht die Polizei davon erfahre, die eingesetzten Antiterror-Betonsperren keinen hinreichenden Schutz bieten würden, kritisiert der DPolG Landesvorsitzende Thüringens, Jürgen Hoffmann. "Vielmehr wäre es die Aufgabe des Bundes-Innenministeriums gewesen, solche Versuche durchzuführen und zumindest die Sicherheitskräfte auf die weiter bestehenden Gefahren bei eventuellen Anschlägen hinzuweisen“, erklärte er.

Gerade in der Jahreszeit, in der wieder mehr Volksfeste und Freiluftveranstaltungen stattfinden, vermittele doch der Einsatz von Antiterror-Betonsperren ein trügerisches Gefühl der Sicherheit - bei der Bevölkerung, aber auch bei Einsatzkräften, die nahe der Absperrungen ihren Dienst verrichten.

Schutzkomponenten müssen neu entwickelt werden

Die DPolG fordert daher von der Landesregierung aufgrund der neuen Test-Erkenntnisse bereits bestehenden Sicherheitskonzepte für Großveranstaltungen im Freistaat zu überarbeiten. Ebenso müsse Thüringen beim Bund Einfluss nehmen, dass wirksame Absperrungen gegen mögliche Terrorakte mit Lkw entwickelt werden, so Hoffmann.

Für den Test wurde ein beladener Lkw mit einem Gesamtgewicht von zehn Tonnen genutzt. Der Fahrzeugtyp entspreche dem, der bei dem Anschlag von Nizza im Sommer 2016 genutzt wurde. Damals waren 84 Menschen getötet worden, als ein Attentäter in eine Menschenmenge raste. Der bei dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt verwendete Lastwagen sei noch erheblich größer gewesen.

Nach dem Anschlag von Nizza wurden die Betonblöcke, die von verschiedenen Herstellern produziert werden, in Deutschland zum Schutz von Großveranstaltungen genutzt. Unter anderem wurden sie beim Tag der Deutschen Einheit 2016 in Dresden eingesetzt. Der Dresdner Polizeidirektor Renè Demmler sagte dem MDR, der Test zeige, «dass mehr Mittel erforderlich sind, um wirklich das Risiko noch in stärkerem Maße zu reduzieren». dpa

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