Erfurt/Dembach – Sie waren kaum richtig zum Dienst in Erfurt erschienen, da waren zwei leitende Mitarbeiterinnen des Thüringer Landesdatenschutzbeauftragten schon auf dem Weg in die Rhön: Nachdem man in der von Lutz Hasse geleiteten Behörde am Mittwoch erfahren hatte, dass bei einem Karnevalsumzug in Dermbach am Wochenende aus medizinischen Akten gewonnenes Riesen-Konfetti verwendet worden, hatte Hasse die beiden Frauen durch den halben Freistaat geschickt. Ihr Auftrag: Herausfinden, was an den Meldungen über das Konfetti dran ist; aufklären, wo die Schnipsel jetzt sind; ermitteln, wer für diesen jüngsten Datenschutz-Skandal verantwortlich ist. „Das war wie ein Krimi, man hätte das filmen können“, sagte Hasse am Mittwochabend nachdem sich die Sache zu einem Gesamtbild zusammengefügt hatte.

Eine Leserin unserer Zeitung hatte das Konfetti auf der Straße gefunden – und auf den Papierstreifen den Namen ihrer krebskranken Schwester entdeckt. Daraufhin wendete sie sich an eine Redaktion unserer Zeitung; und schicke damit in gewisser Weise auch beide Datenschützerinnen auf die Reise.

Nach den Ermittlungen seiner Kolleginnen steht für Hasse nun fest, dass die Schnipsel eigentlich mal medizinische Unterlagen aus einem medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) in Kaltennordheim waren. Betrieben wird dieses MVZ vom Klinikum Bad Salzungen, das die Ergebnisse der Ermittlungen des Behörde am Mittwoch bestätigte. In diesem MVZ seien „unter Missachtung der Vorschriften patientenbezogene Papiere nicht ordnungsgemä ß entsorgt wurden“ worden, räumte eine Sprecherin des Klinikums in einer Erklärung ein. Insgesamt bewertete der Landesdatenschutzbeauftragte die Angelegenheit als mittelschweren Skandal. „Die Datenmenge, um die es hier geht, ist überschaubar, die Brisanz der Sache ist erhöht, die dabei gezeigte Fahrlässigkeit ist ausgeprägt“, sagte Hasse.

Hasse wird deshalb nach eigenen Angaben nun ein Verwaltungs- und Bußgeldverfahren gegen diejenigen einleiten, die die Akten schredderte und weitergab. Einen datenschutzrechtlichen Verstoß habe es dabei schon deshalb gegeben, weil der Schredder viel zu große Schnipsel erzeugt habe. Außerdem sei es falsch gewesen, diese zu großen Papierreste in einen Sack zu stecken und als Karnevalskonfetti zur Verfügung zu stellen. „Das Bußgeld wird angemessen sein“, sagte Hasse. Zudem prüfe er, ob er parallel zu seinem datenschutzrechtlichen Verfahren auch eine strafrechtliche Anzeige erstatten werde, sollte die Staatsanwaltschaft Meiningen nicht von sich aus tätig werden. Hasse – selbst Jurist – sagte, es stehe der Verdacht im Raum, dass mit der Aktion der Tatbestand von Paragraf 203 des Strafgesetzbuches erfüllt worden sei: Verletzung von Privatgeheimnissen.

Das Konfetti selbst, sagte Hasse, hätten seine Mitarbeiterinnen nur Stunden nach Beginn ihres Einsatzes in der Rhön auch gefunden. Die Straßenreinigung in Dermbach habe es aufgekehrt und aufgelesen und in einem Container gelagert, der nun auf einem Bauhof in der Region stehe. Immerhin gebe es so keine Gefahr, dass der Wind nur unzureichend zerkleinerte Teile aus Patientenakten von einer Mülldeponie wehe. Der Inhalt des Containers soll nach Angaben von Hasse in den kommenden Tagen verbrannt werden.

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