Am Dienstag wirkte die Stimmung vor der juristischen Fakultät zunächst ruhig. Bis zum Abend hatten sich laut Polizei rund 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Camp versammelt. Stoffbanner mit Aufschriften wie "Freiheit für alle unterdrückten Völker" oder "Ceasefire now" (übersetzt: "Waffenstillstand jetzt") machten die Anliegen deutlich. Im Laufe des Abends war laut Polizei noch ein Gegenprotest geplant.
Man sehe sich als Teil der internationalen Protestbewegung an den Universitäten, sagte Kilian Gremminger von der Fachschaft Soziologie als Sprecher der Aktivisten. Mit dem Camp wolle man auf die Situation der 1,5 Millionen Geflüchteten im Süden des Gaza-Streifens aufmerksam machen, die ebenfalls in Zelten leben müssten. Gremminger wandte sich gegen den Vorwurf, antisemitisch zu sein. Das sei eine falsche Definition von Antisemitismus, sagte er. "Wir sind gegen jegliche Form der Diskriminierung."
Kritik an der Aktion übte Bayerns Antisemitismusbeauftragter Ludwig Spaenle (CSU). Hier werde einseitig Israel Schuld zugewiesen, das sich nach dem Terroranschlag der Hamas verteidige, zudem werde das Existenzrecht des Staats Israel infrage gestellt, sagte er laut einer Mitteilung. Angesichts des Terrorakts vom 7. Oktober 2023 gegen Jüdinnen und Juden sei die Solidarität mit ihnen von großer Bedeutung. Die Zivilgesellschaft müsse sich deutlich sichtbar zum jüdischen Teil der Bevölkerung bekennen. Spaenle erneuerte seine Forderung nach einer öffentlichen Stellungnahme bayerischer Universitäten und Hochschulen gegen Antisemitismus und Antizionismus.
Der Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, Karl Freller (ebenfalls CSU), hatte bereits am Vortag von einem fatalen Zeichen für die Stadt München gesprochen. Vor 81 Jahren habe die "Weiße Rose" mit den Geschwistern Hans und Sophie Scholl an der Universität ihren mutigen Kampf gegen den Nationalsozialismus geführt. Ausgerechnet hier werde nun drei Tage lang Antisemitismus praktiziert, hieß es in einer Mitteilung.
Die LMU hatte bereits vor mehreren Tagen ihre Solidarität mit Partnerinstitutionen in Israel und den israelischen und jüdischen Studierenden, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bekundet und sich "klar gegen jede Form von Antisemitismus wie auch jegliche Diskriminierung" gestellt. Daran habe sich nichts geändert, teilte eine Sprecherin am Dienstag auf Anfrage mit. Sie fügte hinzu, das Camp befinde sich unmittelbar vor dem Juristischen Seminargebäude mit einer Bibliothek. Diese sei für die mehr als 5500 Studierenden der Fakultät unverzichtbar. Da die Bibliothek über keine technische Lüftung verfüge, müsse diese über ein regelmäßiges Öffnen der Fenster gelüftet werden. "Die Präsenz eines Camps mit Demonstrierenden vor den Fenstern erschwert sicherlich ein konzentriertes Arbeiten der Studierenden und der Mitarbeitenden der LMU."
Das Camp ist auf dem Professor-Huber-Platz errichtet. Er ist benannt nach dem Musikwissenschaftler Kurt Huber, der zur Weißen Rose gehörte und wegen seines Widerstandes gegen die Nazis am 13. Juli 1943 hingerichtet worden war. Gegenüber, auf der anderen Straßenseite, liegt der Geschwister-Scholl-Platz.