Feuilleton Erster Glas-Kunst-Garten Thüringens

Annett Recknagel

Der Glas-Kunst-Garten in Georgenzell ist eingeweiht – Wolfgang Nickel zeigt dort die Ergebnisse seines Kunstprojektes, das bislang einmalig sein dürfte.

 
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Georgenzell - Wolfgang Nickel ist Künstler. Künstler haben Ideen. Wolfgang Nickel hat Ideen. Und was für welche. Man sieht und staunt und entdeckt und schaut weiter und sieht noch viel mehr und freut sich einfach an der Glas-Kunst.

„Bei Sonne ist das hier so was von schön“, sagt Wolfgang Nickel. Zur Einweihung seines Glas-Kunst-Gartens in Georgenzell aber zeigte sich die Sonne nicht, sie linste nicht einmal für einen Augenblick hinter den Wolken hervor. Dafür aber rauschten die Bäume. „Das geht schon wieder“, meinte der Künstler und war mittendrin in seinem Projekt.

Die 50 Glasscheiben – jede ist ein Unikat – haben ihre Feuer-, besser wäre Windtaufe, gerade hinter sich gebracht. Weder „Ylenia“ noch „Zeynep“ und schon gar nicht „Antonia“ konnten sie bezwingen. „Es hat arg gewackelt, aber nichts ist passiert“, sagt Nickel und freut sich, dass die in Beton gefassten Edelstahlrohre Wind und Wetter trotzen.

Zur Einweihung seines Arbeitsprojektes, das ihn durch die Pandemie begleitete, hat er seine Kursschüler eingeladen. „Ihr wisst schon, dass ihr die Besten seid“, meinte er und stellvertretend für alle antwortete Elisabeth Linke: „Wir sind deine Schüler, deine Fans, eben alles.“ Die Stimmung war bestens. Die Damen und Herren lustwandelten durch den Glas-Kunst-Garten, der terrassenförmig angelegt ist. Auf jedem Absatz stehen Glasscheiben, die an Stäben befestigt sind und echte Eyecatcher sind.

Die Terrassen legte Nickel gemeinsam mit einem Freund in seinem Hof eigens für die Ausstellung an. Das war körperliche Arbeit, meinte er. Im ersten Pandemiejahr wurde das erledigt. Die künstlerische Arbeit bereitete ihm freilich mehr Spaß. Sie stand 2021 im Plan. Beim Glasfusing (siehe Infokasten) ist er in seinem Element. Spätestens seit dem Lutherjahr, als Wolfgang Nickel für die FBF-Galerie zwei Glasfenster in besagter Technik gestaltete, hat es ihm dieses Verfahren angetan. Er liebt die Arbeit mit Glas und genau das sieht man beim Anblick des Glas-Kunst-Gartens. Der Großteil der gestalteten Scheiben ist rund – nur wenige viereckige fallen ins Auge. Übrigens montierte er die letzten Glasscheiben erst vorige Woche. Das Projekt ist quasi brandneu. Und nicht nur die Farben ziehen die Blicke seiner Schüler an. Auch die Gestaltung. Ob Naturelemente, Ornamente, Fabelwesen oder Zeichnungen – Nickels Ideen scheinen schier unendlich zu sein. Weitere 15 Kunstwerke stehen im Eingangsbereich seines Hauses. Und das beste: Auf den Terrassen gibt es noch sehr viele Möglichkeiten, immer neue Glaskunstwerke zu montieren. Der Georgenzeller will den Kunstgarten auf maximal 130 Glasscheiben ausbauen. Unterhalb der Terrassen fällt ein Gerüst eines kleinen Häuschens auf. „Das war mal ein Hühnerstall“, ist von Nickel zu erfahren. Entkernt ist er bereits. Die Wände sollen mit Glaskunst gestaltet werden, sodass ein japanisches Kaffeehäuschen entsteht. „Ich will die Glaskunst einfach bekannter machen und zeigen, was mit Glas alles möglich ist“, sagt Nickel. Um eine Scheibe zu gestalten, braucht er drei Tage. War die Pandemie Auslöser des Projektes? „Nein – ich hatte das ohnehin geplant“, lautet die Antwort. Das Projekt wurde von der Kulturstiftung Thüringen gefördert. Und jeder, der Lust hat, sich den Glas-Kunst-Garten, den bislang einzigen in Thüringen, anzuschauen, steht das Tor offen. Kunst zum Nulltarif. Zudem bietet der Außenraum besten Möglichkeiten für Zirkel, Workshops und Kurse. Nickel wünscht sich ein Freiluftatelier, das zur echten Begegnungsstätte wird. Und freilich sind die Glaskunstwerke auch käuflich. Doch keine Sorge – Wolfgang Nickel ist Künstler. Und ein Künstler hat Ideen. Lücken wird es im Glas-Kunst-Garten eher selten geben. Denn: Wolfgang Nickel gehen die Ideen so schnell nicht aus.

Glasfusing
Glasfusing ist eine Technik, die in einfacher Form seit über 2000 Jahren bekannt ist. Fusing ist das Verschmelzen von Glas verschiedener Farben und Formen in einem speziellen Brennofen (Fusing-Ofen) bei etwa 800 Grad Celsius. Dabei wird das Glas so weit erweicht (nicht geschmolzen), dass sich einzelne Teile dauerhaft verbinden.

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