Die kleine Staffelei mit der Leinwand zeigt Blau in verschiedenen Tönen. Das bleibt nicht lange so, denn Liam ist gerade aus dem Kindergarten Großbreitenbach zurück und hat sich schon seine Maluntensilien zurechtgerückt – Pinsel in verschiedenen Stärken und Größen, die Farbenwelt in Tuben und Töpfen, Pappteller für das Anmischen weiterer Farben, einen Lappen zum Abstreichen der Pinsel, ein kleiner Behälter mit Wasser, Spachtel und Tupfer in unterschiedlichen Formen. Er sitzt auf dem Kinderstuhl, schaut noch einmal auf die Fotografie neben sich und entscheidet, am Himmel muss eine weiße Wolke entstehen. Die ist ruckzuck gezeichnet. Wieder der Blick auf die Fotografie, noch einmal genauer hinsehen und stellt dann doch die Frage an seine Mutti: „Welche Farbe brauche ich für den Stiel?“ Seine Mutter heißt Anna-Lisa Becker. Sie muss immer wieder darüber staunen, was ihr Liam auf die Leinwand bringt. Sie sagt von sich, dass sie künstlerische Begabung mitbringt, aber bei ihrem Sohn sei es mehr als nur Begabung. Es sei Talent. Um dieses zu fördern, haben die Eltern in Böhlen, im Haus von Liams Großeltern, ein Atelier eingerichtet. Die Utensilien können liegen bleiben und die Wände bieten viele Möglichkeiten, einige seiner Werke dort anzubringen. Wenn seine Schwester nebenan spielt, sitzt er, wie heute, ein, zwei Stunden vor der Leinwand, ganz in sich gekehrt und fast automatisch und zielsicher greifen Hände zu dem, was er für die Weiterentwicklung des Bildes braucht, hier einen anderen Pinsel, da den Tupfer, manchmal den Spachtel.