Suhl/ Zella-Mehlis Scheibchenweiser Abgesang der Herbert-Roth-Tanne

Anica Trommer

Nun hat sein letztes Stündlein geschlagen - und das besonders geräusch- und klangvoll. Mit einem Fest verabschiedeten sich die Suhler am Freitag von ihrem Weihnachtsbaum aus dem Hause Roth. Dabei fiel für jeden etwas ab.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Suhl - An das klaffende Loch auf dem Marktplatz müssen sich die Suhler erst wieder gewöhnen. Denn ungewöhnlich lange - mehr als vier Monate - hatte eine 18 Meter hohe Nordmanntanne dort ihren Platz. Ihre Sonderstellung verdankte sie ihrem besonderen Ursprung: Schließlich pflanzte der Vater des Rennsteigliedes, Herbert Roth, das Nadelgehölz vor 60 Jahren. Seine Tochter Karin sponserte den Baum dann für den Chrisamelmart im vergangenen Jahr. Und das Prachtexemplar durfte bleiben, bis gestern, als es schließlich scheibchenweise unter die Leute gebracht wurde.

Schnell bildete sich eine Menschentraube um die von den Suhler Feuerwehrmännern sauber auseinandergeschnittenen Baumreste. Während sich so mancher ein mächtiges Stammstück sicherte, um es zu Hause als Hackklotz zu verwenden, schauten sich andere eher nach einem handlicheren Souvenir um. Schnell waren die kleinen Scheiben vergriffen. Wer später kam, konnte dann ein Käselaib-großes Stück nach Hause rollen. Allesamt waren sie versehen mit der Aufschrift "Herbert-Roth-Baum 1957".

Auch Veronika Hesse war am Freitagnachmittag auf den Marktplatz gekommen, um eine Baumscheibe und damit ein Andenken an Herbert Roth zu ergattern. "Sie bekommt einen Ehrenplatz auf der Terrasse", verriet sie. Der Anblick des Baumes auf dem Markplatz werde ihr allerdings fehlen. "Das sah so idyllisch aus", schwärmte sie.

Verbindung zum Holz

Ein Stück vom Stamm hatte Feuerwehrmann Marko Ehrig beiseite geschafft. Zuvor hatte sich der passionierte Holzschnitzer das Objekt der Begierde eine Stunde lang angeschaut. Erst dann sei seine Entscheidung gereift, daraus eine Eule zu schnitzen. "Man muss Vorstellungskraft haben und natürlich eine Verbindung zum Holz", erzählte er. Auch das richtige Werkzeug sei beim 3D-Sägen unerlässlich. So nutzte er beispielsweise eine Carving-Säge mit dünnerem Schwert, um der Eule feine Konturen wie das Gefieder zu verpassen. Das fertige Holztier geht, genauso wie der Erlös aus dem Verkauf der Baumscheiben, an den Tierpark.

Einen sang-, klang- und glanzlosen Abschied, wie er in den Jahren zuvor all die anderen Weihnachtsbäume ereilte, wollten die Herbert-Roth-Freunde der Tanne nicht bescheren. Schließlich wurde bereits im Dezember vergangenen Jahres unter ihren Ästen der 90. Geburtstag des bekannten Volksmusikanten gefeiert. Und so organisierten sie unter dem Motto "Der Baum ruft. Herberts Scheiben sind der Hit" kurzerhand das musikalische Erntefest der besonderen Art, bei dem für jeden etwas abfiel.

Doch zuerst musste der Baum fallen - ein zweites Mal in seinem 60-jährigen Leben. Kurz nach 12 Uhr setzten die Feuerwehrmänner die Kettensäge an. Binnen eineinhalb Stunden war die Nordmanntanne verschwunden. "Der Abbau lief genauso reibungslos wie der Aufbau", resümierte Feuerwehrsprecher Daniel Wiegmann. Neun Kameraden waren im Einsatz. Und so mancher scherzte, dass man den Baum nun auch noch bis zum nächsten Chrisamelmart hätte stehen lassen können. Der Baum habe noch gut im Saft gestanden.

Das bestätigten auch die Vereinsmitglieder der Freien Wähler und einige Frauen aus Vesser, die sich den herabgefallenen Ästen und Zweigen annahmen. Sie banden daraus Girlanden, die sie dann um den Waffenschmiedbrunnen legten und eine Osterkrone entstehen ließen. "Das ist schönes, dickes Reisig. Da haben wir heute nur die halbe Arbeit", schwärmten sie. Außerdem piekten die Nadeln nicht und rieselten auch noch nicht herab, was das Arbeiten erleichtere.

Stärkung für den Chor

Als Stärkung für die fleißigen Helfer und die zahlreichen Schaulustigen reichte Karin Roth ihre legendären Kröpfle. Um schnell wieder ihre Position am Verkaufsstand zu beziehen und die kleinen Teigbällchen ausbacken zu können, hatte sie ihre Einweghandschuhe auch dann nicht ausgezogen, als sie das Rennsteiglied anstimmte und die Suhler als Chor einstimmten.

Bilder