Suhl - Sie waren einst die Nobelhotels der DDR. Viele der Interhotels gibt es noch heute - unter neuem Namen und im Besitz großer Ketten. Eine kleine Herberge in Suhl ist einen anderen Weg gegangen. Brigitte Groeger kaufte das frühere Interhotel «Thüringen Tourist» gleich nach der Wende, als klar war, dass die einst stolze DDR-Kette nicht erhalten bleiben sollte. Zehn Millionen Euro habe sie hinlegen müssen, erzählt Groeger. «Ich zahle noch heute den Kredit ab.» Das ist auch der Grund, weshalb sie nach 50 Jahren an der Spitze noch nicht ans Aufhören denkt.

Groeger gehört zu den Ost-Unternehmern, die sich nach dem Zusammenbruch der DDR ins kalte Wasser geworfen fühlten. «Es war eine abenteuerliche Zeit», bilanziert die 75-Jährige. Es sei sehr schwer gewesen, Bankkredite zum Kauf des Suhler Interhotels zu bekommen. Der Hauptgeschäftsführer des Thüringer Hotel- und Gaststättenverbands, Dirk Ellinger, weiß, dass viele Häuser im Osten mit der Finanzierung kämpften. «Den Schritt würde ich aber heute wieder so gehen», ist Groeger überzeugt.

Im Hotelführer der Vereinigung Interhotel wurde das 1965 eröffnete Haus in Südthüringen für seine «zweckmäßig und geschmackvoll eingerichteten Zimmer» gepriesen. Es gab eine beheizbare Großraumgarage samt Wagenpflege und eine «intime Tanzbar». Dieser Standard lockte nach der Wende keine Touristen an. 1991 wurde deswegen umgebaut. «Ins Prospekt haben wir dann hineingeschrieben: Sanitärbereich auf Westniveau», erinnert sich die Hotelleiterin.

Zu DDR-Zeiten seien die Betten über das Jahr verteilt zu 86 Prozent belegt gewesen. Mit der Einführung der D-Mark 1990 blieben nach Angaben der 75-Jährigen schlagartig die Reisenden aus den Ostblockstaaten weg. Ganz zu schweigen von den vielen ehemaligen DDR-Bürgern, die nun die westlichen Länder erkundeten. «Dennoch gab es im Osten zu wenige Hotel-Betten», gibt Verbandschef Ellinger zu bedenken. So habe es kaum Übernachtungsmöglichkeiten für Mitarbeiter aus den alten Bundesländern gegeben, die nach der Wende etwa beim Aufbau der Verwaltung halfen.

Groeger hätte ihr Haus gern weiter in der Interhotel-Kette gesehen. «Wir haben uns als eine Familie gefühlt», erzählt sie. Die Kette wurde 1965 gegründet und wuchs bis zum Fall der Mauer auf 25 Häuser an. Nahezu alle gehobenen Hotels der DDR waren Interhotels. Sie wurden nach der Wiedervereinigung von der Treuhand verwaltet und von der Interhotel AG weitergeführt. 1991 - die Häuser gehörten mittlerweile zur Klingbeil-Gruppe - kam die Zerschlagung. Zu den bekannten ehemaligen Interhotels gehört das «Park Inn» am Alexanderplatz in Berlin, «The Westin» in Leipzig oder das «Hotel Neptun» in Warnemünde.

Der langjährige Generaldirektor der Kette wohnt gut 50 Autominuten von Suhl entfernt. Hellmut Fröhlich glaubt, dass ein Fortbestand der Interhotels politisch nicht gewollt war. «Zerschlagung wider besseres Wissen», bedauert der 76-Jährige heute. Er holt Akten und zeigt auf Unterlagen mit dem Titel «Vision 2005», die er damals vorgelegt habe. Sie sah unter anderem vor, dass die Zahl der Betten von 1992 bis 2005 von 5000 auf 35 000 wachsen sollte.

«In der DDR gab es viel zu wenige Hotelbetten», sagt Fröhlich. Die meisten früheren Interhotels existieren heute noch. Viele befinden sich laut Fröhlich allerdings - anders als das in Suhl - im Eigentum einer amerikanischen Fondsgesellschaft und werden von internationalen Hotelketten betrieben.