Suhl - An den Protesten gegen den ersten Pegida-Ableger Sügida in Thüringen am Montag in Suhl haben sich weniger Menschen beteiligt als noch vor einer Woche. Waren damals nach Polizeiangaben noch etwa 750 Menschen in die größte Stadt Südthüringens gekommen, warben nun nur noch etwa 500 Menschen unter dem Motto „Südthüringen bleibt bunt“ für einen weltoffenen Freistaat. Dagegen kamen deutlich mehr Menschen zur Veranstaltung der Sügida-Bewegung. Nach Schätzungen der Polizei waren dazu etwa 1000 Teilnehmer nach Suhl gekommen. Erneut trennte ein Großaufgebot der Polizei die beiden Gruppen voneinander.



Unter den Rednern auf der Sügida-Veranstaltung war auch der ehemalige Landesvorsitzende des Bundes der Vertriebenen in Thüringen, Paul Latussek. Er kritisierte unter anderem, die Politik schließe lieber Geheimverträge mit den USA ab, als sich um die Probleme der Menschen zu kümmern. Latussek ist nach Angaben der Informationsplattform „Netz gegen Nazis“ wegen Volksverhetzung vorbestraft.

Mit Kultur versuchten die Gegner von Sügida auf dem Marktplatz ein Zeichen zu setzen. Die Suhler Schülerbands Anonymus und Sitzblockade sowie Prinz Chaos alias Florian Ernst Kirner aus Weitersroda (Kreis Hildburghausen) sangen vor und mit den etwa 500 Bürgern, die sich am Waffenschmiedbrunnen versammelt hatten.

Der evangelische Superintendent Martin Herzfeld sprach als erster. „Suhl ist bunt! Wer will schon ein graues Land?“, begann er. Er dankte den vielen Suhlern, die seit vergangenem Sommer die Flüchtlinge auf dem Friedberg unterstützen. Wer aus Kriegsgebieten, vor Diktatoren oder vor Hass gegen seine Volksgruppe flüchte, brauche in Suhl „nicht neuen psychischen Druck , sondern Schutz und ein faires Asylverfahren“.

Herzfeld bat die Zuhörer und alle Suhler, die zu Hause geblieben waren, die Flüchtlinge und Zuwanderung auch als Chance zu sehen. Die Region könne „menschlich, ökonomisch und auch religiös gewinnen“. Aber das brauche Geduld und Zeit. Man müsse diese Chance nutzen. „Sucht für eure eigene Unzufriedenheit keine Sündenböcke“, sagt er in Richtung Pe- bzw. Sügida-Anhänger.

Johannes Häfke von der Gruppe Solidarität mit den Flüchtlingen in Suhl und Sprecher der Suhler Linkspartei sagte mit Bezug auf den erstochenen Flüchtling in Dresden: „Menschen, die hier Schutz suchen, werden auch hier getötet.“ Mit einer Schweigeminute wurde an den Mann aus Eritrea erinnert. „In einem Land, in dem das Wort Gutmensch ein Schimpfwort ist, möchte ich nicht leben“, erklärte er. Häfke kritisierte die Suhler CDU, die sich nicht an dem Protest gegen Sügida beteiligen wollte und stattdessen für Anfang Februar zu einem Bürgerforum zum Thema Asyl eingeladen hat.

Florian Ernst Kirner, bekannt als Sänger Prinz Chaos, bedauerte, dass nicht mehr Menschen auf den Marktplatz gekommen waren. „Es ist schön, Euch alle zu sehen, aber wir sind bei weitem nicht genug“, sagte er. Man dürfe die Unzufriedenheit nicht Neonazis überlassen. Kirner sagte, dass er auch nicht jede Mohammed Karikatur gutheißen könne und mit einigen durchaus antimuslimische Ressentiment geschürt würden.
Gemeinsam mit den verblieben Demonstranten sang Kirner die Hymne der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung „We Shall Overcome“. Damit endete nach 90 Minuten die Veranstaltung auf dem Marktplatz.

Die Sügida-Demonstranten zogen nach ihrer Kundgebung einige Hundert Meter durch Suhl. Nach Angaben eines Polizeisprechers wurde dieser Aufzug direkt vom rechtsextremen Bündnis Zukunft Hildburghausen angemeldet. Kritiker von Sügida hatten zuletzt immer wieder davon gesprochen, die Bewegung werde von Neonazis gesteuert. Auch die Polizei und der Thüringer Verfassungsschutz hatten in der vergangenen Woche Hunderte Neonazis unter den Sügida-Demonstranten erkannt.