Am 19. April 1997 feierte Rainer Osmann seinen größten Erfolg als Trainer. Nach einer Serie von 53:1 Punkten stand nach dem 26:21-Erfolg gegen die MT Melsungen der Aufstieg in die Beletage des deutschen Handballs vorzeitig fest. Zum zweiten Male trug "Osse" dazu bei, dass durch den Handball das Ansehen der Stadt Eisenach in ganz Deutschland wuchs. Die "Osman(n)en" zwangen in heimischer Halle so manchen Favoriten wie den SC Magdeburg, TBV Lemgo, den THW Kiel oder den VfL Gummersbach in die Knie. Es bleibt die vorerst erfolgreichste Zeit des ThSV. Nun war er es, der Spieler formte. Den Eisenacher Stefan Just entwickelte er vom Jugend- zum Nationalspieler, Rückraumspieler Jörn Schläger erhielt seine Chance in der Nationalmannschaft und nicht zuletzt Weltklasse-Rechtsaußen Stephane Joulin (Frankreich) lernte vom Thüringer. Als seinen wertvollsten Spieler, den er trainierte, nennt er Titel Raduta, den rumänischen Linkshänder.
Im Jahr seines 50. Geburtstages traf auch ThSV-Legende Rainer Osmann der Mechanismus des Profisportes. Nach der Heimspielniederlage gegen die HSG Dutenhofen, heute als HSG Wetzlar in der ersten Liga fest etabliert, kam im Herbst 2000 das Aus für das Eisenacher Urgestein als Trainer. Eine der bittersten Niederlagen für den Mann, der als "Gesicht" der erfolgreichsten Zeit des Eisenacher Handballs steht.
Sein Wissen und seine Akribie sorgten dafür, dass er nicht lange ohne Trainerjob blieb. Nach einem kurzen Engagement beim Zweitbundesligisten CSG Erlangen folgten sieben Jahre (2001 bis 2008), in denen Rainer Osmann als österreichischer Handball-Nationaltrainer fungierte. Er leistete viel Aufbauarbeit im Land der Wintersportler und führte die Alpenländer erstmals bei Welt- und Europameisterschaften auf die große internationale Bühne. Er selbst zählt diese Zeit zu seinen schönsten Jahren, in denen er viele neue Freunde fand und in 100 Länderspielen Erfahrungen sammelte, die er nicht missen möchte. Die Freundschaften mit Verantwortlichen aus dem Verband und einigen Spielern, die heute als Funktionäre bei Bundesligisten bekannt sind (Viktor Szilagi als Geschäftsführer beim Serienmeister und Championsleague-Gewinner THW Kiel, oder David Szlesak, Geschäftsführer des Europäischen Handball-Föderation), blieben.
Für ein Jahr fungierte der A-Lizenz-Trainer als Cheftrainer bei der deutschen Juniorinnen-Auswahl, mit der er 2009 die EM auf Rang vier beendete. "Ich war stolz darauf, für den größten Handball-Verband tätig sein zu dürfen", erzählt Rainer Osmann, der im gleichen Jahr vom Deutschen Handball-Verband das Vertrauen erhielt, das Amt des Cheftrainers der Frauennationalmannschaft zu übernehmen, und schloss die WM auf Rang sieben ab. "In dieser Zeit lernte ich Heiner Brand näher kennen". Es entstand eine enge Freundschaft. Ein gesundheitliches Tief beendete die Trainerkarriere von "Osse".
Zu seinen Eigenschaften zählt seine Bodenständigkeit. "Ich reiste und reise gern, komme aber immer gern wieder nach Hause", gesteht der Neu-70er. Beim ThSV Eisenach erfuhr er für sein Lebenswerk zwei Ehrungen. Der Aufnahme in die "Hall of Fame" folgte die Berufung in den Ehrenrat des Vereins. Nicht nur wegen seiner Funktion im Ehrenrat pflegt Rainer Osmann die Kontakte zu den Verantwortlichen des Vereins, der einen wesentlichen Teil seines Lebens mitprägte.
Vor gut sechs Jahren zog es ihn mit seiner Frau ins fränkische Lauf nahe Nürnberg. "Wir wollten mehr bei meiner Tochter und ihrer Familie sein und ihnen unter die Arme greife", erklärt Osse. Seine drei Enkel sind genauso sportlich. Oft absolviert er mit ihnen Trainingseinheiten, die sich bereits ausgezahlt haben. Er selbst läuft regelmäßig mindestens eine Stunde, fährt Rad. "Weil die Strecken ganz schön anstrengend sind, habe ich ein E-Bike", verrät er mit verschmitztem Lächeln.
Weltoffen fanden Osmanns schnell neue Freunde. Einer von ihnen ist Thüringens Fußball-Legende Hans Meyer, der in Nürnberg lebt. Oft treffen sich Osse und der Ex-Coach von Borussia Mönchengladbach, fachsimpeln über die aktuellen Sportereignisse oder plaudern über vergangene Zeiten. In den Handball-Hallen in Deutschland und Europa ist Rainer Osmann ein gern gesehener Gast. Beim Bundesligisten HC Erlangen gastiert er, wenn sein Enkel Anton ihn bittet. Für alle Sportarten offen, schaut er gelegentlich bei den Nürnberger Ice Tigers vorbei.
Spenden statt Geschenke
In all den Jahren im harten Profigeschäft ist Rainer Osmann Mensch geblieben, verlor nie den Blick für sein Umfeld und für die Probleme in der Welt. Gemeinsam mit seiner Frau Gudrun engagiert er sich deshalb außerhalb des Sportes vor allem für die schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft. "Es muss gelingen, dass auf unserer Erde keine Kinder hungern oder gar wegen des fehlenden Essens sterben", betont er mit ernster Miene. Er bat seine Gäste, von Geschenken abzusehen und stattdessen zu spenden. Auch wenn die Geburtstagsfeier ausfällt, seine Freunde werden ihm diesen Wunsch erfüllen, weil sie wissen, wie wichtig ihm das ist und weil er ihnen wichtig ist.