Hoffnungslosigkeit. Das ist alles, was bleibt nach der Lektüre von "Comeback". Einer Geschichte über eine ostdeutsche Band, die es 25 Jahre nach der Wende noch einmal wissen will. Und, so viel sei vorweggenommen, gnadenlos scheitert.

Da ist der Schlagzeuger, der aus der Gruppe fliegt und im Alkoholsumpf versinkt. Der Gitarrist mit Stasi-Verwicklungen, der sich mit der Tochter des Bassisten einlässt. Der Manager, in dessen letzten Lebensminuten der Leser dabei ist. Die Journalistin, die die Band - auch als Groupie - von Beginn an begleitet, und am Ende eingestehen muss, dass die große Story über das Comeback nichts wird.

Die Geschichte der "Steine" - so der Name der Band - erzählt Alexander Osang aus zehn verschiedenen Perspektiven über einen Zeitraum von über 30 Jahren. Dabei geht es nur vordergründig um die Musik. In ganz leisen Tönen, die stellenweise auch mal sehr laut werden können, komponiert Osang ein Opus, das Charakter und Lebensweg der einzelnen Personen in den Mittelpunkt stellt. Sehnsüchte und die Wirklichkeit.

Wie ein Album soll sein Buch sein, sagte der Autor am Samstag, als er beim Provinzschrei-Fest daraus las. "Die Kapitel funktionieren wie Songs." Drei dieser literarischen Lieder trug Osang den Zuhörern vor. Über Nora, die Sängerin, die es kurz nach der Wende in den USA versuchen will. Über Carola, eben die Journalistin, die erfahren muss, dass nur etwa hundert Zuschauer erwartet werden bei einem Konzert der "Steine", das in einem Saal für 1200 Leute stattfindet. Hoffnungslosigkeit. Immer wieder diese Hoffnungslosigkeit. Es fühlte sich an, als krieche sie mit jedem Wort, das Osang laut aussprach, aus dem Text in den Raum hinein. Als riss sie die Zuhörer mit in diese Stimmung voll unerfüllter Träume.

Osang ist Profi genug, um zu wissen, wie er da wieder rauskommt. Und so war es sicher kein Zufall, dass er als letztes Kapitel das wahnwitzige über den Bassisten Paul ausgewählt hatte. Einer, der sich nach der Trennung von seiner Frau aus der Erziehung der gemeinsamen Tochter Emma weitgehend heraushalten will. Sein Interesse erwacht erst, als er - wie sollte es bei einem Rockmusiker auch anders sein - auf einem Elternsprechtag erfährt, dass in der Klasse seiner Tochter Marihuana kursiert. Drogen? Klar, ist ja die John-Lennon-Schule. Je lockerer Paul das alles sieht, desto erschütterter ist seine Ex-Frau und desto mehr werden die Lacher im Suhler Publikum. Das Ende vom Lied, im Osang-Sinn: Paul bandelt mit der Lehrerin an.

Um in das Rockstar-Leben einzutauchen, hat Osang vorab die Gruppen Pankow und Silly begleitet. "Ich wollte schon immer mal ein Buch über eine Ostband schreiben, die nach dem Mauerfall alle einen Popularitätsverlust erfahren haben", sagte er am Samstag. "Ich wollte dieses Phänomen mal aufgreifen." Trotz der Nähe zu Pankow und Silly - "viele erinnert meine Sängerin an Tamara Danz" - sei seine Geschichte fiktiv. Einem Muster folgt sie aber wohl: "Über die Jahre ist das bei einer Band wie in so einer durchschnittlichen Ehe." Soll wohl heißen: Sehnsucht - die bleibt. Und auch mal ein handfester Krach.

Alexander Osang: Comeback. S. Fischer Verlag, 19,99 Euro. ISBN: 978-3-10-002278-3.