Mellrichstadt/Suhl - Wer wollte die zehnjährige Schülerin entführen? Zwei Tage lang gab es kaum ein anderes Gesprächsthema in Mellrichstadt (Rhön-Grabfeld) nahe Meiningen. Am Dienstagnachmittag war in der 5000.Einwohner-Stadt ein Schulkind knapp einer Entführung entkommen. Am Donnerstagnachmittag kam dann eine erlösende Nachricht: Die Polizei hat einen dringend Tatverdächtigen geschnappt - einen 40-Jährigen Suhler, der an seinem Wohnort festgenommen wurde.

Der Mann soll die Zehnjährige am Dienstag kurz nach 13 Uhr auf dem Nachhauseweg in einem Waldstück nahe der Schule angegriffen haben. Ein Gymnasium und eine Mittelschule liegen am so genannten Schulberg, einem Wohngebiet im Osten der Kleinstadt jenseits der Bahnlinie nach Suhl.

Laut Polizei hatte der Verdächtige das Mädchen dort angesprochen und zunächst versucht, es in sein Auto zu locken. Dies misslang ihm jedoch. Der Mann zerrte an der Schülerin, schlug ihr ins Gesicht und verletzte sie dabei über dem Auge. Erst als eine Passantin auf das Geschehen aufmerksam geworden war, ließ der Täter von dem Mädchen ab. Anschließend fuhr er – ohne die Zehnjährige – mit dem Auto davon.

Dunkles Fluchtauto

Dieses Auto brachte die Fahnder letztlich auf die Spur der Suhlers. Zeugen beschrieben einen „dunklen Kleinwagen“ und weitere Details, so dass die Ermittler schließlich einen in Suhl zugelassenen Pkw ins Visier nahmen. Und tatsächlich: Als Polizisten am Donnerstag zu der Suhler Wohnanschrift des Fahrzeughalters fuhren und an der Tür klingelten, öffnete ein Mann, den die Ermittler für den Täter halten - die Handschellen klickten. Der 40-jährige Suhler soll am Freitag auf Anordnung der Staatsanwaltschaft dem Ermittlungsrichter in Schweinfurt vorgeführt werden, teilte die unterfränkische Polizei am Donnerstagnachmittag mit. Das Auto des Verdächtigen wurde sichergestellt.

Vorangegangen waren aufwendige Ermittlungsaktivitäten der Schweinfurter Kripo. Direkt nach der Anzeige der Tat startete eine Fahndung, an der sich auch Bereitschaftspolizisten beteiligten.

Die versuchte Entführung hatte in Mellrichstadt für große Aufregung gesorgt. Noch am Donnerstagmorgen waren Dutzende Polizisten erneut am Tatort, um das Gelände rund um den Schulberg und das Gebüsch nördlich davon abzusuchen. Der Pfad durch das kleine Waldstück nahe den Bahngleisen, in dem der Angriff stattfand, wird von den Schülern als Abkürzung zum Wohngebiet rund um die Thüringer Straße im Norden Mellrichstadts genutzt.

Erst spät informiert

„Wir waren in der Schule und haben Schüler wie Lehrer über den Ermittlungsstand informiert“, zitiert die Main-Post Elmar Hofmann, von der Polizeiinspektion Mellrichstadt. Der Zeitung zufolge war bereits seit Bekanntwerden des Angriffs eine Doppelstreife der Polizei ans Schulgelände abgeordnet worden. Auch am Donnerstag waren vier Polizeibeamte vor Ort, um die verunsicherten Schülern zu beruhigen, da der mutmaßliche Täter zu diesem Zeitpunkt noch nicht gefasst war, berichtet die Main-Post weiter.

Dass die Tat, die sich am Dienstagnachmittag ereignete, erst am späten Mittwochnachmittag öffentlich gemacht wurde, habe „ermittlungstaktischen Gründe“, erklärte die Kriminalpolizei in Schweinfurt. „Die Ermittlungen hinsichtlich des exakten Tathergangs und des Tatmotivs dauern an“, sagte Polizeisprecher Björn Schmitt am Donnerstag. er