Thüringen Studie: Zu viele Kinder für zu wenig Personal in Thüringer Kitas

Der Spielplatz des Kindergartens in Reurieth. Foto: Kurt Lautensack

Erzieherinnen müssen sich in Thüringen einer Studie der Bertelsmann Stiftung zufolge um zu viele Kinder gleichzeitig kümmern. Der Personalschlüssel ist einer Studie zufolge bundesweit der schlechteste.

 
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Im vergangenen Jahr sei der Personalschlüssel in den Kindergärten im Freistaat für rund 70 200 Kinder nicht kindgerecht gewesen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Bertelsmann Stiftung, die am Dienstag veröffentlicht wurde. «Viele Kitas in Thüringen können ihren Bildungsauftrag aufgrund unzureichender Rahmenbedingungen nicht oder nur eingeschränkt umsetzen», heißt es in einer Mitteilung der Stiftung.

In Thüringen kommen in Krippengruppen rechnerisch 5,4 Kinder auf eine Erzieherin, bei Kindergartengruppen sind es 11,6. Die Autoren der Bertelsmann-Studie monieren, dass sich diese Werte in Thüringen nicht verbessert und im Kindergartenbereich sogar leicht verschlechtert haben. Bei Kindergartengruppen ist Thüringen das einzige Bundesland deutschlandweit mit einer Verschlechterung. Die Autoren empfehlen Personalschlüssel in Krippen von 1 zu 3 und in Kindergartengruppen von maximal 1 zu 7,5.

Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Linke) kritisierte die Studie. Sie vergleiche Bundesländer ohne weitere Differenzierung. «Das ist schade, denn es verkennt ein ums andere Mal die im Ländervergleich sehr gute Betreuung in den Thüringer Kindergärten», sagte Holter der Deutschen Presse-Agentur. Er argumentierte unter anderem, dass in Thüringen mit die meisten Vorschulkinder überhaupt betreut würden und es mit zehn Stunden den höchsten Betreuungsanspruch bundesweit gebe.

Er wies darauf hin, dass die sogenannten Minderungszeiten für Erzieherinnen angehoben wurden. Der Anteil ihrer Arbeitszeit zum Beispiel für Vertretungen bei Krankheitsfällen oder Vor- und Nachbereitungszeiten wurde von 25 Prozent auf 28 Prozent erhöht. «Auch das sichert Qualität», sagte Holter.

In der Studie finden sich auch lobende Worte für die Thüringer Kindergärten. Die Gruppengrößen sind demnach beispielsweise meist in Ordnung. Nur 33 Prozent der Kindergartengruppen seien zu groß. Nach Ansicht der Autoren sollten in Gruppen für jüngere Kinder nicht mehr als zwölf Kinder sein, bei älteren nicht mehr als 18. Neben dem Personalschlüssel sei auch die Gruppengröße ein wichtiger Faktor für die Betreuungsqualität in Kindergärten.

Besonders gut schneidet Thüringen bei der Qualifikation des pädagogischen Personals in Kindergärten ab. Von den rund 15 400 pädagogisch arbeitenden Mitarbeitern in den Kitas sind 87 Prozent als Erzieher ausgebildet. Damit gehört Thüringen zusammen mit Mecklenburg-Vorpommern (87 Prozent) und nach Brandenburg (88 Prozent) zur Spitzengruppe. Auch die angebotene Betreuungszeit von Kindern kann sich sehen lassen: Im Mittel (Median) haben Kitas in Thüringen elf Stunden geöffnet. Beim Median-Wert fallen Ausreißer nach oben und nach unten weniger stark ins Gewicht als bei einem Durchschnittswert.

Holter erneuerte sein Angebot an die Bertelsmann-Stiftung «nach Thüringen zu kommen und zu schauen, welche gute Arbeit an den Thüringer Kindergärten gemacht wird», wie Holter sagte. Ein bereits geplantes Gespräch sei in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie nicht zustande gekommen. dpa

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