Erfurt - Täglich werden in Deutschland hunderte Menschen als vermisst gemeldet - darunter auch viele Kinder und Jugendliche. Allein in Thüringen galten 2016 nach Angaben des Landeskriminalamts (LKA) 125 Kinder und 904 Jugendliche als vermisst. Die meisten tauchten nach einiger Zeit wieder auf oder wurden gefunden. Um der dauerhaft verschwundenen Mädchen und Jungen zu gedenken, richtet die Initiative Vermisste Kinder jährlich am 25. Mai den Tag der vermissten Kinder aus.

Da der Tag diesmal auf Christi Himmelfahrt fällt, der auch als Vatertag gefeiert wird, legt die Initiative den Schwerpunkt auf die Väter. «Nach unserer Erfahrung setzen sich vor allem Frauen mit dem Thema auseinander», sagte Initiativ-Sprecher Daniel Kroll. Väter seien aber genauso wichtig, um etwa Verbrechen an ihren Kindern vorzubeugen. «Starke Kinder, die ihre Rechte kennen und wissen, was Erwachsene dürfen, werden seltener Opfer.» Deshalb lautet die Botschaft, die die Initiative den Männern mit auf den Weg geben will: Väter, macht eure Kinder stark.

Die Gründe für das Verschwinden der Kinder sind vielfältig. Einige gehen auf Ausflügen verloren, manche werden Opfer von Straftaten wie Entführungen, andere nehmen auf eigene Faust Reißaus. Die Motive der Ausreißer sind laut LKA oft wirtschaftliche Sorgen, der «Ausbruch» aus einem Heim oder der Plan, sich das Leben zu nehmen. Gerade unter den Jugendlichen gibt es dabei Wiederholungstäter. Verschwindet ein Minderjähriger fünf Mal hintereinander, führt ihn die Polizei als Dauerausreißer oder Streuner und geht nicht sofort von Lebensgefahr aus, wenn er ein sechtes oder siebtes Mal verschwindet.

So erschreckend die Vermisstenzahlen sind - die Chancen, dass vermisste Minderjährige sich wieder einfinden, stehen statistisch sehr gut. 122 der 125 in Thüringen 2016 als vermisst gemeldeten Kinder tauchten wieder auf, von den 904 vermissten Jugendlichen fanden sich 900 wieder ein. Als dauerhaft vermisst gelten in Thüringen laut LKA zum Stichtag 23. Mai 15 Kinder sowie 19 Jugendliche.

Laut Bundeskriminalamt (BKA) gehen in Deutschland täglich etwa 200 bis 300 neue Vermisstenmeldungen ein, ebensoviele werden täglich aufgeklärt. Etwa die Hälfte der Vermisstenfälle wird innerhalb der ersten Woche aufgeklärt. Innerhalb des ersten Monats erledigen sich 80 Prozent. Nur etwa drei Prozent der Verschwundenen sind nach einem Jahr noch immer nicht wiederaufgetaucht. Einige offene Fälle liegen mehr als 30 Jahre zurück.

Nach BKA-Angaben wurden in Deutschland zum 1. April 1886 Kinder und 7688 Jugendliche vermisst. Insgesamt gelten rund 15 000 Menschen als vermisst, 2000 mehr als noch vor zwei Jahren. Dieser Anstieg ist laut BKA vor allem auf minderjährige Flüchtlinge zurückzuführen, die in den vergangenen zwei Jahren nach Deutschland kamen und inzwischen offiziell verschwunden sind. Sie führt das BKA in einer gesonderten Statistik. Danach gelten derzeit 939 geflüchtete Kinder und 6091 geflüchtete Jugendliche als vermisst.

Eine genaue Zahl sei jedoch nur schwer zu ermitteln, da viele junge Flüchtlinge keine Papiere hätten, sie wegen unterschiedlicher Schreibweisen ihrer Namen mehrfach erfasst werden oder gar nicht erkennungsdienstlich behandelt wurden. dpa