Erfurt - In den kommenden Jahren sollen in Thüringen nach Angaben von Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) mehr Polizisten eingestellt und ihre Ausrüstung verbessert werden. Er werde sich bei den Haushaltsverhandlungen für 2018 und 2019 dafür einsetzen, dass mehr als die derzeit 155 Polizeianwärter pro Jahr eine Ausbildung beginnen könnten, sagte Poppenhäger am Mittwoch in einer Sondersitzung des Thüringer Landtags zur inneren Sicherheit. Die Ausbildungskapazitäten in Thüringen würden für bis zu 200 neue Polizeianwärter pro Jahr reichen.

Kritik kam von den Oppositionsfraktionen CDU und AfD, die Forderungskataloge vorlegten, in denen neben mehr Polizisten auch eine verstärkte Videoüberwachung öffentlicher Orte verlangt wurde. Ihrer Meinung nach reagiert die rot-rot-grüne Landesregierung zu langsam auf die angespannte Lage. «Die Sicherheit in Thüringen ist noch gewährleistet. Aber es ist fünf nach zwölf», sagte der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Fiedler. «Tun Sie etwas für die Polizei in Thüringen.» Der Chef der AfD-Fraktion, Björn Höcke, sagte, die Regierung habe es bisher versäumt, die Polizeistruktur «der neuen Bedrohungslage» anzupassen. Bei Bildung und Polizei dürfe nicht gespart werden.

Die Sondersitzung des Parlaments war von der CDU als größter Oppositionsfraktion auch als Reaktion auf die Terroranschläge in Berlin und andernorts in Deutschland beantragt worden. Die CDU verlangte von 2017 bis 2019 jeweils 255 Neueinstellungen von Polizeianwärtern und die Bildung einer Ausbildungshundertschaft. Poppenhäger und Vertreter von Linke, SPD und Grünen warfen der CDU vor, mit ihren Innenministern in der Vergangenheit für den Stellenabbau in der Polizei gesorgt zu haben. Jetzt betreibe sie Aktionismus.

Poppenhäger sagte: «In Thüringen wird es keine Angsträume geben, weder im Internet, noch in der realen Welt.» Die Sicherheit werde geschützt, gleichzeitig gehe es darum, einen freiheitlichen, offenen Staat zu erhalten.

Der Innenminister kündigte im Frühjahr ein Pilotprojekt zum Einsatz von Bodycams bei der Thüringer Polizei an. Für den Test der Praxistauglichkeit der Körperkameras würden derzeit die Voraussetzungen geschaffen.

Vorgesehen sei, die Kameras ab dem zweitem Quartal in einer Flächenregion und in einem Ballungsraum zu erproben. Bei der Entscheidung, ob solche Kameras künftig regulär eingesetzt werden, sollen auch die Erfahrungen in anderen Bundesländern einbezogen werden. Polizeigewerkschaften sowie die CDU haben die Zulassung von Bodycams verlangt. Sie sind auch eine Reaktion auf die wachsende Gewalt gegen Polizisten. Ergebnisse der Tests in mehreren Bundesländern sollen laut Poppenhäger in diesem Jahr der Innenministerkonferenz vorgelegt werden.

Der Minister sprach sich erneut für ein verschärftes Waffenrecht in Bezug auf sogenannte Reichsbürger aus. Zudem kündigte er eine verbesserte Ausstattung der Polizei mit Helmen und Schutzwesten an. Gerade bei der Technik gebe es noch Defizite, sagte die SPD-Abgeordnete Dorothea Marx.

Fiedler sagte, sollte es zu einer großen Gefahrenlage kommen, habe Thüringen seiner Meinung nach keine ausreichende Personalreserve in den Sicherheitsbehörden. Von den 6440 Stellen für Polizeivollzugsbeamte seien derzeit etwa 500 nicht besetzt.

Die CDU forderte unter anderem mehr Beförderungen. Zudem soll ihrer Ansicht nach dem Verfassungsschutz die Möglichkeit von Online-Durchsuchungen eingeräumt werden. Zur Videoüberwachung plant Poppenhäger ein Treffen mit Kommunen und Kammern Mitte Februar. dpa