Die geplante Kapazitätserweiterung bei Medizinstudienplätzen an der Universität Jena stellt deren medizinische Fakultät vor Herausforderungen. Er halte den Zeitplan mit Beginn im Wintersemester 2021/22 «nicht für realistisch», sagte der Studiendekan der Fakultät, Professor Orlando Guntinas-Lichius, der Deutschen Presse-Agentur. «Es geht ja nicht nur um zehn Prozent mehr Studienplätze, sondern auch um eine Quotenregelung für Bewerber.» Dafür müssten rechtskonforme Regularien geschaffen werden, was Sorgfalt und Zeit benötige. Der Landtag hatte Anfang Oktober beschlossen, dass die Zahl der Medizinstudienplätze ab Herbst nächsten Jahres um zehn Prozent erhöht werden soll.

Der Beschluss sieht auch die Einführung einer sogenannten Haus- und Facharztquote ab dem Wintersemester 2021/22 vor. Sechs Prozent der Studienplätze sollen demnach für Bewerber reserviert werden, die sich vorab zur Arbeit in einer von ärztlicher Unterversorgung betroffenen oder bedrohten Region nach ihrem Abschluss verpflichten. Der Studiendekan sieht hier Zeitdruck bei der Erarbeitung entsprechender Zulassungsregelungen. «Wer nächstes Jahr mit dem Studium anfangen will, muss sich schon jetzt bewerben», sagte er. Zum Zeitpunkt der Bewerbung müssten die Regelungen bekannt und verfassungskonform sein. Es sei schwer vorstellbar, dies in der Kürze der Zeit zu schaffen. Realistischer sei die Quoteneinführung ein Jahr später.

Auch aus Sicht des Thüringer Wissenschaftsministeriums ist der Zeitplan «sportlich», wie ein Sprecher sagte. Das Ministerium tue alles, um den Landtagsbeschluss zum Herbst nächsten Jahres umzusetzen. Voraussetzung sei allerdings, dass der Landtag die für die Kapazitätserweiterung nötigen Mittel auch im Haushalt festschreibe. Derzeit laufen die Beratungen für den Etat 2021. Das Ministerium geht wie auch der SPD-Landtagsabgeordnete Lutz Liebscher von einem Mehrbedarf von 3,9 Millionen Euro aus. Nötige Investitionen sind in dieser Schätzung nicht berücksichtigt.

Die Fakultät rechnet allerdings mit Mehrkosten von sechs Millionen Euro pro Jahr, weil zusätzliches Lehrpersonal und Unterrichtsräume nötig seien. «Knackpunkt ist das naturwissenschaftliche Grundlagenstudium in den ersten beiden Studienjahren», erläuterte Guntinas-Lichius. «Das findet klassisch überwiegend in der Gesamtgruppe statt, und die räumlichen Kapazitäten sind schon jetzt übermäßig ausgelastet.» Ohne Hörsaal-Neubau werde sich das Problem nicht lösen lassen. Eine Aufstockung um zehn Prozent entspricht etwa 26 Studienplätzen, bislang nehmen jährlich rund 260 junge Menschen ein Medizinstudium in Jena auf.

Mit der Erweiterung der Studienplatzkapazitäten, die Ärzteverbände seit Jahren fordern, will der Landtag einem möglichen Ärztemangel entgegensteuern. Die beschlossene Quotenregelung ist allerdings nach wie vor umstritten. Sie bedeute, dass sich Studierende direkt nach dem Abitur in eine mehr als zwölfjährige Abhängigkeit begeben müssten, hatten etwa die Grünen moniert. Nach Angaben der Landesärztekammer hat in den vergangenen zehn Jahren nur knapp die Hälfte der Medizin-Absolventen eine Tätigkeit als Arzt in Thüringen aufgenommen. dpa