In der Corona-Krise kommen während der Sommerzeit deutlich mehr Wanderer nach Thüringen als in der Vergangenheit – und sie bleiben auch länger. «Vor allem die überregional bekannten Wanderwege wie der Rennsteig sind in diesem Jahr stärker frequentiert als in den vergangenen Jahren», sagte die Präsidentin des Thüringer Wanderverbandes, Christine Lieberknecht, der Deutschen Presse-Agentur.

Die in dem Verband organisierten Wandervereine würden in diesem Sommer auch mehr Anfragen von Wanderern aus anderen Teilen des Deutschlands nach geführten Touren erhalten. Dass dabei bestimmte Hygieneregeln eingehalten werden müssten, trübe zwar das Wandervergnügen etwas. In einer Pandemie seien solche Einschränkungen aber unvermeidlich, sagte Lieberknecht. Vor dem Hintergrund der Pandemie hatten Tourismusfachleute mehrfach vorhergesagt, Urlaub in Deutschland werde in diesem Jahr beliebter als zuvor.

Auch nach Erkenntnissen der Thüringer Tourismus Gesellschaft (TTG) profitiert der Freistaat davon, dass wegen der Corona-Krise viele Urlauber nicht ins Ausland fahren, sondern ihre Sommerferien in Deutschland verbringen. «Vom Nationalpark Hainich über das Gothaer Land, die Inselsberg-Region und Ilmenau bis zum Schwarzatal und zum Schiefergebirge – alle Regionen im Thüringer Wald vermelden aktuell und durchweg überdurchschnittlich viele Gäste, Tagestouristen und Aktivurlauber beziehungsweise Wanderer», sagte die TTG-Sprecherin Theresa Wolff.

Der gesamte Rennsteig werde von all diesen Regionen aus überdurchschnittlich gut besucht. «Seit Wochen sind hier deutlich mehr Touristen und Ausflügler unterwegs, die Außenbereiche der Gastronomen entlang der Wanderrouten und in den naturnahen Orten sind gut gefüllt.»

Nach Angaben von Wolff bleiben die Gäste in diesem Jahr auch länger als in der Vergangenheit - vor allem in den Ferienwohnungen und -häusern sowie Pensionen. «Weg von der Kurzreise von ein bis drei Tagen hin zur Urlaubsreise von sieben bis zehn Tagen.» Das mache sich auch in den umliegenden Städten durch mehr Tagesausflügler bemerkbar. Nach Angaben Lieberknechts sind unter anderem am Grünen Band entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze mehr Wanderer unterwegs als zuletzt.

Einen Grund dafür, dass der Thüringer Tourismus in der Corona-Krise so stark profitieren kann, liegt nach übereinstimmender Einschätzung Lieberknechts und Wolffs darin, dass die Wandergebiete im Freistaat nicht so überlaufen sind wie etwa in den Alpen oder im Alpenvorland. Auch Urlaubsziele an Nord- und Ostsee würden von vielen Menschen als überlaufen wahrgenommen, sagte Wolff.

Lieberknecht sagte, zu den wesentlichen Hygieneregeln, die beim Wandern derzeit einzuhalten seien gehöre es, Abstand zwischen den Wanderern zu halten und Teilnehmerlisten zu Wandergruppen zu führen. Auch seien die Wandergruppen in der Regel nicht größer als 15 bis 20 Menschen. Das seien Einschränkungen für viele Wanderer.

«Natürlich gehört zum Wandern auch die Geselligkeit», sagte Lieberknecht. Doch habe das Wandern auch andere Vorzüge, die sich in kleineren Gruppen gut erleben ließen. Zum Wandern gehöre auch die Meditation, das zur Ruhe kommen. Dazu müsse man nicht ständig mit anderen Wanderern reden. «Reden hat seine Zeit, aber auch bei sich selbst sein, hat mal seine Zeit.»

Wie in der gesamten Gesellschaft habe die Coronakrise auch bei vielen älteren Wandern zu einem großen Digitalisierungsschub geführt, sagte Lieberknecht. In den Zeiten, in denen sich Menschen im Wesentlichen nur mit Angehörigen des eigenen Hausstandes auch im Freien hätten bewegen dürfen, hätten viele von ihnen die Vorzüge von Smartphones und sozialen Netzwerken entdeckt.

«Da haben Enkel ganz toll geholfen, dass ihre Großeltern den sozialen Kontakt nicht verlieren», sagte Lieberknecht. Die Wanderer hätten zum Beispiel Vogelstimmen mit ihren Handys aufgenommen oder Bilder von seltenen Pflanzen und diese Eindrücke dann über das Netz geteilt.