Unter den Demonstranten vor dem Landtag waren rot-rot-grüne Landtagsabgeordnete und Fraktionsmitarbeiter Ein Polizeisprecher sprach zunächst von etwa 100 Teilnehmern. Im Laufe des Tages erhöhte sich die Zahl der Demonstranten auf etwa 1000. Mit Trillerpfeifen und auf Plakaten äußerten sie ihren Unmut über den Wahlausgang und ihre Sorge vor einem weiteren Erstarken der extremen Rechten in Thüringen.

Einzelne Plakate verwiesen auch auf historische Parallelen in Thüringen. «1930 erster Minister der NSDAP, 2020 erster Ministerpräsident mit Stimmen der AfD», lautete die Aufschrift auf einen handgemalten Plakat. Vor 90 Jahren war mit dem später in den Nürnberger Prozessen als Kriegsverbrecher verurteilten und hingerichteten Wilhelm Frick der erste NSDAP-Politiker in eine deutsche Landesregierung gekommen.

Auch in Weimar, Jena und Gera haben unter anderem die Linke und die Grüne Jugend zu Protesten aufgerufen. Die Demonstranten fordern unter anderem Neuwahlen. Im Bereich des Jenaer Holzmarktes versammeln waren etwa 2000 Bürger auf der Straße. In Weimar kamen bereits am Nachmittag etwa 200 Menschen zusammen. Über 120 Menschen haben am Abend in Ilmenau auf der Straße demonstriert. Aus polizeilicher Sicht gab es keine Vorkommnisse.

Auf Plakaten ist zu lesen: "Schämt Euch". In Sprechchören war zu hören: "Alle zusammen - gegen den Faschismus“, oder - vor der Staatskanzlei - auch "Bodo ans Fenster!“. Vor dem Deutschen Nationaltheater ist die Zahl der Demonstranten inzwischen auf etwa 500 angewachsen.

Vorher hatte die Nachwuchsorganisation die Entscheidung im Landtag auf Twitter unter anderem mit «Das ist der #Dammbruch. @KemmerichThL wurde mit Stimmen der #noafd zum MP gewählt. Die @fdp muss ein Parteiausschlussverfahren einleiten, wenn Kemmerich nicht zurücktritt. #MPWahl» kommentiert.

Berlin: In Berlin haben mehr als Tausend Demonstranten gegen die überraschende Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Thüringer Ministerpräsidenten protestiert. Vor allem vor der Parteizentrale der FDP war der Unmut zu spüren, aber auch vor der Parteizentrale der CDU. Dazu aufgerufen hatten am Mittwoch verschiedene linke Gruppen. Vor dem Gebäude der FDP protestierten nach Veranstalterangaben am Abend mehr als 1000 Menschen. Die Polizei ging in der Nacht von 1100 Menschen aus. Bei der CDU wurden demnach etwa 30 Demonstranten gezählt. Die Polizei war vor Ort, Zwischenfälle gab es nach Auskunft eines Polizeisprechers aber nicht.

Magdeburg: Das Bündnis «Halle gegen Rechts» hat ebenfalls Protest angekündigt. Eine Demo am Marktplatz in Halle wurde für Mittwochabend unter dem Motto «Wer mit Faschisten zusammenarbeitet, verliert jede Freiheit» beworben. Die Wahl wurde «nur durch die Unterstützung der extrem rechten Thüringen-AfD unter ihrem faschistischen Vorsitzenden Höcke möglich», hieß es in einem Aufruf zur Demo. Erstmals arbeiteten CDU, FDP und Rechtsextreme bei der Wahl eines Ministerpräsidenten zusammen.

Auch das Bündnis «Solidarisches Magdeburg» rief im Internet zur Teilnahme an einer Demo auf. Unter dem Motto «Alle zusammen gegen den Faschismus» sollte um 19 Uhr vor dem Landtag demonstriert werden.

Kemmerich war in Thüringen überraschend zum neuen Regierungschef gewählt worden. Er hatte sich bei der Abstimmung im Landtag in Erfurt im entscheidenden dritten Wahlgang - mit Stimmen aus der CDU und offensichtlich auch der AfD - gegen den bisherigen Amtsinhaber Bodo Ramelow (Linke) durchgesetzt.

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