Erfurt - In Thüringen haben im vergangenen Jahr drei Rechtsextremisten ihren gültigen Waffenschein wegen Unzuverlässigkeit verloren. Wie der Sprecher des Innenministeriums, Stephan Hövelmans, sagte, handelt es sich dabei um zwei NPD-Mitglieder und einen Anhänger der DVU. Die Erlaubnis zum Tragen von Schusswaffen sei widerrufen worden. Gegen die Entscheidung der unteren Waffenbehörden seien noch Klagen vor dem Oberverwaltungsgericht in Weimar anhängig. Bundesweit gab es im vergangenen Jahr rund 400 Rechtsextreme, die einen Waffenschein besitzen und damit eine Waffe auch legal tragen dürfen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Fraktion zurück. Für Thüringen lagen keine Zahlen vor.

Das Innenministerium hatte laut Hövelmans die bei den Kommunen angesiedelten Waffenbehörden 2012 um eine Überprüfung gebeten. Im Ergebnis verloren auch vier sogenannte Reichsbürger ihre Waffen. Die «Reichsbürger» behaupten, dass das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 weiter existiere. In diesen Fällen wurden Widersprüche gegen die Entscheidung der unteren Waffenbehörden eingelegt. Insgesamt soll es nach Erkenntnissen des Ministeriums 90 bis 140 Reichsbürger im Freistaat geben. Im vergangen Jahr hatten neun davon eine Waffenbesitzkarte besessen.

Die Thüringer Bundestags-Abgeordnete Martina Renner wollte von der Bundesregierung wissen, welche Kenntnisse sie zu Waffenbesitz und Waffeneinsatz von Rechtsextremisten habe. Demnach wurden 2012 in 350 Fällen Waffen von Neonazis eingesetzt. Darunter werden Faustfeuerwaffen, Lang- und Kriegswaffen, Spreng- und Brandvorrichtungen sowie Hieb- und Stichwaffen, Pfefferspray, Softair- und Dekowaffen verstanden. Im Vergleich zum Vorjahr habe sich die Zahl um ein Drittel erhöht.

Es bestehe eine hohe Affinität von Rechtsextremisten zu Waffen und Sprengstoff, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort. «Hieraus resultiert ein herausragendes Gefährdungspotenzial», heißt es weiter. Dennoch sei ein Gesamtüberblick nicht möglich. Eine lückenlose Bestandsaufnahme des Waffenbesitzes bei Rechtsextremisten sei «mangels umfassenden Zugangs der Verfassungsschutzbehörden zu Informationen über legalen Waffenbesitz nicht möglich», heißt es in der Antwort. Auch die Einführung eines Nationalen Waffenregisters (NWR) habe hier keine Abhilfe geschaffen.

Ähnlich sieht es beim Thüringer Landeskriminalamt aus. Eine Datenbank, die das Waffenregister mit der Einstufung einer Person als rechtsextrem abgleicht, sei nicht vorhanden, teilte das LKA auf dpa-Anfrage mit. Eine Zuverlässigkeits- und Sicherheitsüberprüfung finde statt, wenn ein Antrag gestellt werde. Dazu werde auch das LKA angefragt. Die Entscheidung über die Erteilung treffe die Waffenbehörde. Dies gelte auch für einen möglichen Entzug, beispielsweise bei einem Strafverfahren.

Renner bezeichnete es als besorgniserregend, dass die Bundesregierung zwar unzählige Dateien, Register und das Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ) gegründet habe, zugleich aber nicht in der Lage sei, die wirkliche Bedrohung exakt zu beziffern. dpa