Suhl - Herbstzeit ist Lesezeit. Die Tage werden kürzer, die Abende länger, und der Griff nach dem Buch wieder häufiger. Nicht zuletzt schafft die Frankfurter Buchmesse vom 8. bis 12. Oktober wieder Lust auf literarische Entdeckungen. Buchpreis hin und Buchpreis her. Doch es gibt ja auch Werke, die sind schon in der Welt.

Wie beispielsweise die Autobiografie über die bekannte Schauspielerin Carmen-Maja Antoni "Im Leben gibt es keine Proben", erschienen 2013 im Verlag Das Neue Berlin. Die Journalistin Brigitte Biermann hat mit der Antoni gesprochen und sie beim Verfassen ihrer Lebensgeschichte begleitet. Am 21. Oktober kommt die Schauspielerin zu einer Lesung in die Suhler Stadtbücherei, die Veranstaltung ist ein Gemeinschaftsprojekt vom diesjährigen Provinzschrei und der Bibliothek.

Carmen-Maja Antoni ist eine der markantesten Schauspielerinnen Ostdeutschlands, auch wenn sie in Film und Fernsehen vor allem nach der Wende öfter eher mit den Nebenrollen bedacht wurde. Doch was hat die kleine Frau daraus gemacht - unverwechselbare Charaktere, ob als Assistentin von Kriminalistin Rosa Roth, alias Iris Berben, oder in Hanekes preisgekröntem Film "Das weiße Band" als Leichenwäscherin. Jetzt gerade kann man die ungemein produktive Darstellerin in der humorvoll schrägen ARD-Krimiserie "Mord mit Aussicht" erleben.

Aber eigentlich ist Antonis Welt die Theaterbühne, Hans-Otto-Theater Potsdam, Berliner Volksbühne. Mitte der siebziger Jahre eroberte sie die Bretter des Berliner Ensembles, das ihr künstlerische Heimat wurde. Sie wurde sogar mit dem Etikett der "Brechtschauspielerin" bedacht. 1988 zeichnete die Berliner Zeitung sie mit dem Kritikerpreis aus für ihre Rolle der Mutter in "Baal". 2008 bekam sie den Deutschen Kritikerpreis (Ehrenpreis).

Schon einen Tag später, am 22. Oktober, stehen wieder ein Buch und die DDR-Filmwelt im Mittelpunkt. In der Rhön-Rennsteig-Sparkasse stellt - ebenfalls innerhalb des Provinzschrei - Knut Elstermann die Geschichte des DDR-Kinderfilms anhand der Biografie von vierzehn Filmkindern vor: "Früher war ich Filmkind". Zu ihnen gehört Vivian Hanjohr, die die Lesung musikalisch begleitet. Die studierte Konzertgitarristin spielte in Helmut Dziubas "Erscheinen ist Pflicht" (1983) an der Seite von Peter Sodann und Lissy Tempelhof. Es blieb ihr einziger Auftritt. Elstermann besuchte die Kinderdarsteller in ihrem heutigen Leben, unter anderem den kleinen Muck, Alfons Zitterbacke, den braven Schüler Ottokar, Gritta vom Rattenschloss oder die dicke Tilla.

Aus Workuta zurück

"Im Stein" heißt der jüngste Roman des Leipziger Schriftstellers Clemens Meyer, er gehört zu den Top-Stars beim Samstags-Provinzschrei-Höhepunkt im Autohaus Ehrhardt. Es ist sein zweiter Roman nach dem preisgekrönten "Als wir träumten", zwischenzeitlich folgten Erzählungen und Kurzgeschichten. "Im Stein" stellt wieder einmal Leipzig in den Mittelpunkt - schonungslos: Aufstieg und Fall von Menschen.

In die jüngste Vergangenheit führt Sergej Lochthofen in seinem zweiten Erinnerungsbuch "Grau" (Rowohlt 2014) - eine Lebensgeschichte aus einem untergegangenen Land, so der Untertitel. Der Journalist, der vor zwei Jahren den Weg seines Vaters in "Schwarzes Eis" so eindringlich beschrieb, wendet sich diesmal seinen eigenen Spuren zu. 1953 im russischen Workuta geboren, wohin sein Vater, ein deutscher Kommunist, unter Stalins Zeiten lange Zeit verbannt war, kam er 1958 mit seinen Eltern und dem Bruder in die DDR. Verwurzelt in zwei Kulturen, besuchte er eine russische Schule, studierte Kunst auf der Krim und Journalistik in Leipzig. Von 1999 bis 2009 war er Chefredakteur der "Thüringer Allgemeine", Fernsehzuschauer kennen ihn aus dem ARD-Presseclub oder der Phoenix-Runde.

Am 29. Oktober ist Lochthofen erneut hier zu Gast, diesmal auf Einladung des Suhler Buchhauses, nachdem er 2013 aus "Schwarzes Eis" in der Stadtbücherei gelesen hatte.