Suhl - Auf dem Ringberg hat der Dietzhäuser Schriftsteller Landolf Scherzer noch nie gelesen, obwohl er doch zwei bemerkenswerte Reportagen über diesen Ort schrieb: eine 1970 über den ursprünglichen, noch unbebauten und eine 1977, als die Bergkuppe zur Baustelle eines großen Hotels wurde. Des Ringberg-Hotels. Insofern wurde es eigentlich Zeit, dass er genau dort einmal diese Texte vor Publikum vorstellen sollte.

Es war die Idee des Hotelchefs Wolfgang F. Kanig, ihn einzuladen, und der Anlass hätte passender nicht sein können, feiert das Haus doch dieses Jahr sein 35-jähriges Jubiläum. Eigens dafür haben Kanig und seine Mitarbeiter auch ein vielseitiges kulturelles Programm aufgelegt. Dass die Idee goldrichtig war, bezeugten die neunzig Besucher aus Suhl und Umgebung, die sich am Mittwochabend dieses Ereignis nicht entgehen lassen wollten. Auch wenn Lesungen mit dem bekannten und nach wie vor kritischen Autoren immer gut besucht sind, so handelte es sich doch diesmal nicht um eine Buchpremiere - die jüngste, seine Griechenland-Reportage, war erst im März in Suhl - sondern um eine Reise quer durch sein literarisches Schaffen, das eben justament am Ringberg seinen Anfang nahm.

Der Text des Anstoßes

Und so stand denn auch zu Beginn der Lesung jener Text im Mittelpunkt, der seinerzeit für so viel Wirbel gesorgt hatte - nämlich als Scherzer offen und kritisch vom Baugeschehen auf dem Ringberg schrieb, von den brutalen Eingriffen in die Natur, dem Schwarzbau. Das gefiel den führenden Genossen des Bezirkes Suhl gar nicht, gab es doch die Anweisung, in der Presse nichts darüber zu berichten. Die Reportage konnte in dem Buch "Südthüringen, ein Reiseverführer" (1977) nur mit Streichung jener kritischen Passagen gedruckt werden. Und hätte nicht schon kurz vor Erscheinen des Bandes die Thüringische Landeszeitung das Manuskript im Original veröffentlicht, hätte wohl keiner erfahren, was Scherzer damals tatsächlich zu Papier brachte. "Es war natürlich eine Katastrophe, dass die TLZ das veröffentlichte und mein Abgang als Redakteur beim Freien Wort somit besiegelt, sonst wäre ich vielleicht heute noch dort", erzählt ein gut aufgelegter Scherzer dem erheiterten Publikum. Demnächst feiert er seinen 73. Geburtstag. Es ist müßig zu fragen, ob er ohne diese Erfahrung den schriftstellerischen Pfad eingeschlagen und die kritische literarische Reportage zu seinem Markenzeichen gemacht hätte.

Für die Lesung an diesem Abend hat Scherzer mit Bedacht ausgewählt. Und so war es gewiss kein Zufall, dass Texte aus dem ukrainischen Tschernobyl, wo sich 1986 der atomare Supergau ereignete, einflossen und ebenso ein Stück einer Reportage, die angesichts der hungerstreikenden Kalikumpel in Bischoferode entstand. Was die Bergleute damals schon bitter bemerkten - nämlich die ostdeutsche Konkurrenz auszuschalten, was die Politik damals vehement bestritt - ist heute längst bekannt. Zu welchem Preis Merkers oder Bischoferode dicht gemacht wurden, lässt sich dieser Tage gut erfahren, da es um den geheimen Vertrag mit der Kali-Salz-AG geht und der Thüringer Steuerzahler heute noch mit Unsummen für die Altlastensanierung aufkommen muss. Weil der Autor aber auch immer großen Respekt vor den arbeitenden Menschen in der DDR hatte, liest er noch einmal ein Stück aus dem Buch "Der Erste" und schildert das Leben einer pflichtbewussten alten Bad Salzunger Krankenschwester.

Scherzers literarische Reise endet mit seiner Schilderung der Schönheit des Ringbergs, erlebt am 7. Februar 1970, nachzulesen im "Südthüringer Panorama" (1973): "Als ich oben stehe, sehe ich ein Märchen von träumenden Bergen und Tälern ..."

Jubiläums-Programm

20. April Osterfest

11. Mai Trabi-Treffen zusammen mit dem Trabant & IFA Club Gotha e.V.

8. Juni 9. Corvette-Treffen

17. August Sommer-Open-Air mit Uwe Jensen, Karin Roth, Peter Wieland, Dagmar Frederic und dem Showballett City Dancers

6. September: Berg- und Kletterfestival

9. November. 1. Europa-Gipfel in Suhl mit den Partnerstädten / Matinee mit dem Sächsischen Blechbläserquintett

30. November: Adventskonzert mit Gunther Emmerlich, dem Suhler Knabenchor und Solisten

19. Dezember Show und Gesang mit Amanda Büchner