Brotterode/Schmalkalden – Hugo Hoppe und Berta Malsch aus Brotterode heirateten am ersten Tag des Ersten Weltkrieges. Direkt vom Standesamt musste der frischgebackene Ehemann zu seiner Einheit, dem 11. Train-Bataillon, nach Kassel abrücken. Der Nachfahr Dr. Gunther Hildebrandt erzählt jetzt anhand von Feldpostkarten von Hugo Hoppes Kriegserlebnissen und vom Gang der Geschichte in den Jahren 1914/15. „Von Reims bis Wilna“ heißt der Paperback-Band, den er im Verlag Rockstuhl Bad Langensalza herausgebracht hat.

Berta Malsch, verheiratete Hoppe, ist die Tochter von Gunther Hildebrandts Urgroßvater, Richard Malsch. Von Bertas Sohn Winfried – er betreibt heute das Textilgeschäft in der Bergstadt, das sein Vater Hugo gründete – erhielt Gunter Hildebrandt eine Fülle von Material, darunter viele Postkarten. Denn Gunther Hildebrandt ist promovierter Historiker mit dem Fachgebiet Deutsche Geschichte des 19. Jahrhunderts, speziell Geschichte des Parlamentarismus und Revolution von 1848/49. Nach dem Studium in Jena war er Assistent an der Friedrich-Schiller-Universität und arbeitete an der Akademie der Wissenschaften der DDR bis zu deren Auflösung im Jahr 1991.

Hildebrandts Eltern stammen aus Brotterode und lebten ab 1929 in Schmalkalden, wo Gunther geboren wurde. 1942 siedelte die Familie nach Gotha über. Der inzwischen pensionierte Historiker forscht im Stadt- und Kreisarchiv Schmalkalden zur Familiengeschichte. Von den Postkarten aus dem Nachlass von Hugo Hoppe interessierten ihn besonders die Feldpostkarten aus den ersten Jahren des Ersten Weltkrieges.

Mit diesen Fotodokumenten zeichnete der Autor den Weg des Kavalleristen Hugo Hoppe aus Brotterode durch ganz Europa nach. Die Nachrichten, die Hugo seiner jungen Frau anfangs fast täglich schrieb, belegen eindrucksvoll die geschichtlichen Tatsachen.

Ausgezogen mit Siegeszuversicht, wurden die jungen Männer schon bald mit der Grausamkeit des Krieges konfrontiert. Dabei stand das Train-Bataillon nicht einmal in vorderster Linie. Es war für die Versorgung mit Lebensmitteln und Munition zuständig. Musste aber auch Verwundete transportieren, was nicht selten gefährlich war. So schrieb er drei Wochen nach Kriegsbeginn aus Melreux „… die Kanonen donnern unaufhörlich…. Ein Bild von alle dem Unheil und Greuel kann ich gar nicht machen. … unsere Truppen machen Riesenschritte vorwärts“.

Während Hugo Hoppe diese Zeilen schrieb, kam es in Nordfrankreich zur Schlacht an der Marne, dem ersten bedeutenden Zusammentreffen des deutschen und des französischen Heeres. Hier zeigt der Autor anhand von militärgeschichtlichen Dokumenten die Dimensionen des Krieges auf. So hatten sich rund 1,7 Millionen deutsche Soldaten in sieben Armeen an der Westfront konzentriert. Hugo Hoppe empfand das Soldatenleben als anstrengend und unbequem. So fehlten dem starken Raucher vor allem seine Zigarren und er bat seine junge Frau, welche zu schicken.

Die Motive der Postkarten zeigen belgische und französische Städte, wie sie vor dem Krieg waren. Manchmal schickte Hugo Hoppe seiner Frau Karten mit erotischen Motiven oder kriegsverherrlichenden Bildern von der legendären Kanone „dicke Berta“ sowie Schlachtengemälden aus der Kaiserzeit. 1915 kam er ins Lazarett in Tier, weil er vom Pferd gefallen war. Er wurde zurück nach Kassel beordert, von wo es nach der Genesung weiter nach Polen und Russland ging. Gleichzeitig wurde er zum Unteroffizier befördert.

Soldatenliebe und Sinnsprüche

Eine der ersten Karten vom Transport nach Polen kam aus Ohrdruf, wo Hoppe vom Truppengelände aus schrieb. Auch an der Ostfront diente der Kavallerist aus Brotterode beim „Train“ und konnte sich auch dort mit Ansichtskarten für seine Frau eindecken. Russland hatte mit rund 3,3 Millionen Soldaten die zahlenmäßig stärkste Armee im damaligen Europa.

Hugo Hoppe schrieb aus der heute polnischen Stadt Lodz, die zu Russland gehörte. In russisch, deutsch und polnisch ist der Kartentext gedruckt. Was darauf hinweist, dass der Erste Weltkrieg für die Polen ein „fremder Krieg“ war, weil sie seinerzeit keinen eigenen Staat hatten.

Aus Soldau, einem kleinen Grenzstädtchen in Ostpreußen, schickte Hugo Hoppe Postkarten mit der brennenden Schule und der zerstörten Apotheke. Folgen der Schlacht bei Tannenberg, bei der die nach Ostpreußen eingedrungenen russischen Kräfte geschlagen wurden. Heerführer war der spätere Reichspräsident Hindenburg.

Auf den Feldpostkarten des Jahres 1915 zeigt sich, wie die Kriegspropaganda in Schwung kam. Russenfeindliche Motive und die Verherrlichung von Hindenburg werden jetzt von den Soldaten nach Hause geschickt. Im Angebot sind ebenfalls Bilder mit Soldatenliebe und Soldatenkitsch. Kaiser–Vaterland–Familie werden mit bunten Bildern und sentimentalen Sinnsprüchen zusammengeklittert.

Anderthalb Jahre Krieg haben aus Hugo Hoppe keinen anderen Menschen gemacht, resümiert der Autor am Schluss der Postkartenreise. Aber immer wieder versicherte er, dass „sonst alles wohl“ sei. Vielleicht konnte er sich die schlimmen Seiten des Krieges einigermaßen vom Leibe halten oder er wollte seine junge Frau nicht beunruhigen.

Die folgenden Kriegsjahre war der Kavallerist aus Brotterode in Frankreich stationiert. 1918 wurde er zum Sergeanten, der letzten Stufe unterhalb der Offiziersebene, befördert. Nach dem Ende des Krieges kehrte er nach Brotterode zurück. Tochter Elfriede wurde geboren und Hugo Hoppe widmete sich seiner Familie und seinem Textilgeschäft. Er starb kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Seine Frau Berta überlebte ihn um viele Jahre.

Gunther Hildebrandt legte mit dem 150-Seiten-Band die authentische Betrachtung eines bedeutenden historischen Zeitabschnittes vor. Der Reiz ist, wie persönliche Daten und das Weltgeschehen verbunden sind – durch Feldpostkarten.

Das Buch ist im Textilhaus Hoppe in Brotterode sowie im Buchhandel erhältlich.