Niederschmalkalden – Leichter Sommernebel hing in den blühenden Sträuchern im Park des Schlösschens Todenwarth. Ein magischer Abend senkte sich herab. Im Festsaal flackerten schon die Kerzen, betörend duftete der Jasmin. Stuhlreihen, ein Lesetisch – die junge Archäologin und angehende Schriftstellerin Birgit Jäckel als Gast von Schlossherr Dr. Jochen Halbig. Einmal nicht die direkte Todenwarth’sche Familiengeschichte führte den Verein „Freundeskreis Todenwarth“ und Gäste zusammen, sondern ein Debütroman aus der keltischen Geschichte.

„Die Druidin“ ist der Titel des Erstlings der jungen Nürnbergerin, der im Februar erschien. Sie erzählt darin von einer Frau, die die Gabe hat, in die Seelen der Menschen zu schauen. Doch nicht nur das bringt sie in viele Schwierigkeiten. Im Hintergrund steht ein starker Vater-Tochter-Konflikt. Weil die Mutter bei ihrer Geburt starb, wollte der Vater den Säugling töten lassen. Birgit Jäckel entwirft eine Story von Macht, Gier und Liebe – darin enthalten einige kräftige Spritzer von Soap. Aber – die eigentliche Geschichte ist, wie der Roman entstanden ist. Denn sie erzählt viel darüber, warum der Markt historischer Bücher boomt.

Birgit Jäckel hat Ur- und Frühgeschichte studiert. „Die Archäologie ist nicht wie ‚Indiana Jones‘“, schilderte die Autorin ihre Erlebnisse an Ausgrabungsstätten. Kistenweise Scherben habe sie dokumentieren müssen. Einen Fund habe sie selbst noch nicht gemacht. Ihre Magisterarbeit schrieb Birgit Jäckel über das Oppidium (keltische stadtartige Siedlung) in Manching in Oberbayern. Es gilt als die größte Siedlung der Kelten nördlich der Alpen. „Während ich über meiner Magisterarbeit saß, dachte ich, es muss noch etwas anderes gegeben haben als Scherben und Gewandspangen.“ Mikrogeschichte nennen die Historiker jene Erkenntnisse über das Leben der „einfachen Menschen“, von dem es nur Indizien gibt. Während über die Herrscher Bücher geschrieben und Bilder gemalt wurden.

Schon als Teenager hatte sie sich an einem Roman versucht, eine Fantasy-Geschichte. „Der bleibt in der Schublade“, sagte die sympathische junge Frau. In „Die Druidin“ mischte sie nun die Phantasie mit archäologischem Wissen und schuf das Bild einer versunkenen Gesellschaft, wie sie ein Jahrhundert vor Christus lebte. Es ist einer von wenigen Romanen über die Kelten und gefällt durch viele Details, die Jäckel zu einprägsamen Bildern zusammenfügt. So sieht der Leser den Markt vor sich, über den die Titelheldin Talia geht. Er schmeckt die Fischsauce, von der sie berichtet. Das ist übrigens eins von vielen Details in dem Buch, die wissenschaftlich belegt sind.

Natürlich gehört eine Liebesgeschichte zum Erfolgsrezept. Hier verarbeitet die Autorin den Konflikt der Kelten mit den Nordmännern. So nennt sie die Germanen, weil dieser Begriff erst aufkam, als es die Kelten nicht mehr gab. Diese Kelten seien nie ein Volk gewesen sondern immer nur kriegerische Stämme, die sich untereinander stritten, versteht die Autorin klarzumachen. Sie legte nicht nur die heutige Sprache auf die Handlungsstränge aus der Keltenzeit, sondern die Form des Umgangs miteinander. Da es keine schriftlichen Überlieferungen gibt und die Wissenschaft nicht weiß, wie die Kelten überhaupt ausgelöscht wurden, bleibt viel Raum für die Phantasie. Diesen im Roman auszufüllen, hat Birgit Jäckel sichtlichen Spaß gemacht. Bei ihren Forschungen stieß sie übrigens auch auf keltische Zeugnisse in Thüringen, die sich insbesondere in Römhild fanden. Besonders spannend für die Autorin war, dass hier Kelten und Germanen direkt aufeinandertrafen. Ob es je eine Druidin gegeben hat, sei nicht wissenschaftlich belegt, merkte sie an. Allerdings dürfe man sich die Druiden nicht so vorstellen wie die Comicfigur Mirakolix. Es waren Machtmenschen, die an den Fürstenhöfen die Fäden in der Hand hielten. Im Roman ist ein Druide der Gegenspieler, der die Gabe der Heldin durch ein gemeinsames Kind an sich bringen will.

Historische Genauigkeit, wie in der teilweise kontroversen Diskussion von Bildhauer Adalbert Rost eingefordert, sei nicht ihr Ziel gewesen, stellte die Autorin klar. In dem Fall hätte sie ein Sachbuch schreiben müssen.

Auf jeden Fall gelang es ihr, der Hochkultur der Kelten schärfere Konturen zu geben, jenseits von verklärt-romantischen Vorstellungen und Wellness-Klischees.

Birgit Jäckel ist zurzeit als freie Mitarbeiterin der Stiftung Alternativer Nobelpreis tätig. Nach dem Erfolg ihres Erstlings sei inzwischen die Schriftstellerei in den Vordergrund getreten. Voraussichtlich werde sie eine Fortsetzung des Romans schreiben, beantwortete sie eine Zuschauerfrage. Die Hausherren der Todenwarth überreichten dem Gast eine Wasserlinse, das soll, so wurde hinzugefügt, eine heilige Pflanze der Kelten gewesen sein. lou