Meiningen. Das Schillerjahr 2009 zum 250. Geburtstag des Dichters und Dramatikers hat begonnen. Mit Schiller lockt die Kulturstadt Meiningen. Carola Scherzer unterhielt sich mit Dana Kern, Kulturreferentin und Geschäftsführerin des Tourismusverein.

Im Brahmsjahr 2008 versuchte sich Meiningen als Brahms-Stadt zu etablieren. Wo liegen die Prämissen fürs Schillerjahr 2009 in Meiningen?

Wir haben zum Schillerjahr 2005 schon einmal versucht, Meiningen als Schillerstadt zu platzieren. Was uns wohl nicht ganz gelungen ist, denn wir bekamen heute beispielsweise einen Anruf von jemanden, der Fotos von Bauerbach wollte und Meiningen gar nicht kannte. Wir müssen also weiter daran arbeiten, Meiningen als Schillerstadt neben Weimar, Rudolstadt und Jena zu vermarkten. Dafür gibt es auch einen historischen Hintergrund. In Bauerbach hat der junge Schiller nach seiner Flucht aus Baden-Württemberg eine warme Stube und Essen bekommen, aber Meiningen hat ihm das geistige Futter geliefert – durch die Bücher, die er sich im Schloss geholt hat und durch seine Kontakte zum Hofbibliothekar Reinwald. Es war für Schiller eine unheimlich produktive Zeit. Er war nur ein halbes Jahr hier und hat sein Schauspiel „Kabale und Liebe“ beendet, die Arbeit am „Don Carlos“ und dem „Geisterseher“ begonnen und sich zudem schon viel mit historischen Themen beschäftigt, die später in sein dramatisches Werk eingingen. Ein weiterer Grund für die Schillerstadt Meiningen ist, dass die „Meininger“ unter Georg II. während ihrer Reisezeit durch Europa am meisten Schiller gespielt haben. Und ein dritter Punkt, der natürlich nur eine touristische Attraktivität ist – Schiller hat zum ersten Mal seinen Fuß auf thüringischen Boden in Meiningen gesetzt, unweit von der Tourist-Information vor dem jetzigen italienischen Eiscafé.

Meiningen und Bauerbach teilen sich das Schiller-Erbe. Macht da jeder seins im Schillerjahr oder gibt es ein gemeinsames Konzept?

Ich spreche mal als Kulturreferentin der Stadt und da denke ich natürlich, dass erst einmal jede Einrichtung in Meiningen selber
darüber nachdenken muss, was sie mit Schiller zu tun hat und warum man sich heute mit Schiller beschäftigen sollte. Das fängt beim Theater an, das ein sehr dichtes Programm zum Schillerjahr hat und geht über die Meininger Museen weiter, die im Schloss Elisabethenburg einen Schiller-Raum mit einer ständigen Ausstellung einrichten wollen. Schiller gehört meiner Meinung nach ins Schloss und nicht ins Baumbachhaus, mit dem er überhaupt nichts zu tun hatte. Die Stadt- und Kreisbibliothek wird für Jugendliche sich an einem thüringenweiten Schiller-Rap-Projekt beteiligen. Und Bauerbach bringt den „Wilhelm Tell“ – nicht die „Maria Stuart“, wie ursprünglich geplant – auf die Naturtheater-Bühne. Wobei auch das Meininger Theater den „Tell“ inszenieren wird.

Gab es da zu wenig Abstimmung?

Es ist nicht so, dass im Vorfeld alles bis ins Kleinste abgestimmt wurde, das wäre auch nicht der richtige Weg. Wichtiger ist, dass man es nach Außen hin gemeinsam vermarktet. Da läuft das meiste über die Tourist-Information in Meiningen. Ich war im Dezember zur alljährlich offiziellen Eröffnung des Schillerjahres in Bauerbach und habe dort auch das Meiningen-Programm vorgestellt. Wir haben demnächst noch einmal eine Beratung den Schillerwanderweg von Meiningen nach Bauerbach betreffend, den wir am 9. Mai noch einmal ins Bewusstsein der Öffentlichkeit bringen wollen. Dazu laden wir alle ein, diesen Weg wieder einmal zu gehen und sich die Skulpturen auf der Strecke anzusehen. Mit den Schiller-Städten Weimar, Jena und Rudolstadt haben wir einen gemeinsamen Flyer herausgegeben, darüber hinaus werden wir noch einen speziell für Meiningen und Bauerbach produzieren.

Im Schillerjahr 2005 gab es zur touristischen Vermarktung einen Meininger Schiller und einen Bauerbacher Schiller. Werden sie 2009 wieder belebt?

Ich habe eigentlich mit dem Meininger Schiller, wie wir ihn 2005 als Marketing-Figur hatten, nichts Neues vor, die Fotos, die mit ihm in Schloss und in Bauerbach gemacht wurden, wollen wir aber weiter nutzen. Die Führungen auf Schillers Spuren in Meiningen übernehmen wie schon 2005 einige unserer Stadtführer, sie beginnen im Mai. Schön wäre es natürlich, wenn wir dazu freie Schauspieler hätten, wie beispielsweise in Rudolstadt. Dort gibt es hervorragende Spezial-Führungen in historischen Kostümen. In Erfurt ist es ähnlich, dort gibt es zum Beispiel eine herausragende szenische Stadtführung, bei der ein „kauziger Professor“ den Gebäuden der Stadt seine Geheimnisse entlockt.

Welche Schiller-Projekte wird es über die bereits genannten geben? Werden die bildenden Künstler ins Schillerjahr 2009 wieder einbezogen? 2005 wurde ja ein Bildhauer-Plenair für den Skulpturen-Schillerwanderweg veranstaltet.

Im Moment ist dazu nichts geplant. Wir mussten erst einmal sehen, dass die Skulpturen, die auf dem Schillerwanderweg schon stehen, wieder in einen ansehnlichen Zustand gebracht werden. Viele Partner, die 2005 an dem Projekt beteiligt waren, arbeiten mit, darunter die Justizvollzugsanstalt Untermaßfeld. Wir haben einige Werke umgesetzt. Beispielsweise in Untermaßfeld auf dem Vorplatz der Kirche, der derzeit saniert wird. Dort bleibt die Eisenbaum-Skulptur stehen, die andere Skulptur haben wir jetzt in den Meininger Schlosspark versetzt. Das Werk von David Campell am Schloss gehörte der Stadt noch gar nicht, dafür wurde jetzt nochmal richtig Geld ausgegeben, damit der Künstler eine der beiden Skulpturen, die er zurück haben wollte, neu anfertigt. Den Naturbasaltstein hat er der Stadt geschenkt, die weiße Marmor-Skulptur wird in ähnlicher Form neu entstehen und im Sommer aufgestellt werden. Für die Zukunft möchten wir den Skulpturen-Schillerwanderweg natürlich weiter ausbauen und noch atttraktiver gestalten. Schnellstmöglichst sollte jedoch eine Informationstafel zum Skulpturenweg am Theatermuseum aufgestellt werden. Dort wird zukünftig der Ausgangs- und Informationspunkt für Wanderer sein. Es wäre natürlich sehr hilfreich für Touristen, wenn Untermaßfeld und Bauerbach gleiche Informationstafeln aufstellen könnten.

Welche Höhepunkte wird es ansonsten im Schillerjahr 2009 geben?

Das Meininger Theater wird, wie gesagt, den „Wilhelm Tell“ gleich zweimal auf die Bühne bringen – einmal als Schauspiel, Premiere ist am 4. September, und als Oper von Rossini, die am 20. Septemer Premiere hat. Mit der Inszenierung der Bauerbacher im Naturtheater werden wir dann gleich dreimal den „Tell“ haben, wir sind dann sozusagen die Tell-Stadt im Schillerjahr. Aber das kann ja auch spannend und interessant werden. Dazu beteiligen wir uns am jugendkulturellen „Helden“-Projekt der vier Schiller-Städte. Das beginnt im Frühjahr. Jede Stadt wird etwas Eigenes veranstalten. Es geht darum, dass junge Leute sich mit den Gedanken auseinandersetzen, was für sie Helden heute bedeuten, ob sie überhaupt nötig sind und wenn ja, wofür sie da sein sollten. Es wird kein Projekt von Intellektuellen sein, es geht um jugendliche Lebenswelten und insofern ist es ein Projekt von Jugendlichen für Jugendliche.

Wer wird es leiten?

Matis Hönig, der schon 1995 das erfolgreiche Projekt „Maikäfer flieg“ mit älteren Menschen über ihre Kriegserfahrungen gemacht hat. Diesmal wird er mit Leuten aus Jugendclubs, mit Behinderten und Freiwilligen, die sich jetzt schon bei uns im Kulturreferat melden können, arbeiten. Entstehen soll wieder ein darstellendes Spiel unter Einbeziehung unterschiedlichster Ausdrucksformen. Es geht dabei weniger um Kunst, Schiller wird mehr eine Folie sein, auf der die Jugendlichen ihre heutigen Gedanken und ihre Lebensweise reflektieren. Der Termin für die Aufführung in Meiningen steht noch nicht fest, aber am 27. Juni gibt es in Jena ein großes Helden-Fest, zu dem alle Projekte der vier Schiller-Städte vorgestellt werden. Dazu sollen auch andere Jugendliche aus ganz Thüringen eingeladen werden.

Wie verlockend ist eigentlich Schiller für Touristen, verspricht man sich in Meiningen und der Region im Schillerjahr 2009 einen Zuwachs an Reisegruppen und Einzelreisenden?

Es wäre natürlich sehr schön, wenn viele wegen Schiller zu uns kommen. Wir bemühen uns sehr, nicht nur über Werbeflyer, sondern über unseren Internetauftritt unser Schiller-Programm Individualreisenden und Reiseveranstaltern anzubieten. (www.schiller-lockt.de; www.meiningen.de).

Gibt es da schon eine Resonanz, Reiseveranstalter planen ja sehr frühzeitig?

Abgefragt wird das Schillerprogramm sehr viel, aber natürlich mehr in Weimar. Inwieweit die Touristen auch nach Meiningen kommen werden, bleibt abzuwarten. Aber Mitte Mai werden wird die Thüringer Tourismus GmbH eine Pressereise für Journalisten aus ganz Deutschland durch die Schillerstädte veranstalten, die in Meiningen beginnt. Wir erwarten uns davon vor allem eine Resonanz in Bezug auf die Individualtouristen.