Meiningen. Es ist bitterkalt und finster. Nur durch einige Lichtschächte dringen ein paar helle Strahlen in die Halle. Sie machen einen Schatz sichtbar, leicht eingestaubt, aber sonst in gutem Zustand. An die 20 historische Feuerwehrfahrzeuge stehen dicht an dicht, dazu die passenden Hänger und reichlich Zubehör. Fans von Feuerwehrtechnik schlägt bei solch einem Anblick das Herz automatisch höher. Bisher ist der Zugang aber nur Auserwählten möglich. Doch in einigen Monaten wird sich das ändern, zumindest für einen ersten Teilabschnitt.


Den Blick in die überdimensionale Schatzkiste hat Rolf Fleischmann ermöglicht. Er ist sozusagen der Kopf der im positivsten Sinne „feuerwehrverrückten“ Familie Fleischmann. Alle sind seit vielen Jahren infiziert mit dem Virus Feuerwehr, er selbst, seine Frau Karin, seine Söhne Thomas und Matthias sowie dessen Lebensgefährtin Angelika. Sie alle zusammen haben den Schatz in den letzten Jahren zusammengetragen, in Privatinitiative, auf eigene Kosten. Und nun setzen sie alles daran, die Sammlung aufzuarbeiten, um sie in naher Zukunft öffentlich präsentieren zu können. Das ist ihr nicht unbedeutender Beitrag für eine Zukunft Meiningens als Ausstellungsort für ganz besondere Kfz-Technik.

Ihre Sammlung ergänzt der einzigartige Bestand historischer Polizeifahrzeuge des Meininger Zweiradvereins, für die derzeit eine attraktive Präsentationsmöglichkeit gesucht wird. Ganz in der Nähe, sogar in der Nachbarschaft, der riesigen Schott-Halle im Stadtteil Jerusalem. Nur wenige Meter davon entfernt, im ehemaligen Heizhaus von Robotron, werkeln die Fleischmanns und ihre Helfer.

Infiziert hat der heute 70-jährige Rolf Fleischmann seine ganze Familie. Vor 40 Jahren ging er zur Feuerwehr, erst in Meiningen, später in Helba. Fünf Jahre war er stellvertretender Stadtbrandinspektor, ist heute Vorsitzender des städtischen Feuerwehrausschusses sowie der Alters- und Ehrenabteilung, zweiter stellvertretender Vorsitzender des Kreisfeuerwehrverbandes Schmalkalden-Meiningen und Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Historik in Thüringen … In all den Jahren verlor er sein Herz (auch) an die Feuerwehr. Und so ist es wenig verwunderlich, dass er der Nachwelt etwas erzählen, etwas hinterlassen will. Mit der Sammlung wird das gelingen, denn die alte Technik erzählt, wie Feuerwehr in der Vergangenheit funktioniert hat.

„Als nach der Wende in vielen Orten angefangen wurde, Feuerwehrtechnik auszusondern, haben wir das Sammeln angefangen“, erzählt er. Die ersten Geräte wurden in der von der Treuhandanstalt gemieteten alten Forstgarage Am Stein untergestellt, später fand weitere Technik in der Polizeischule auf dem Drachenberg Unterstand. „2002 bot uns die Treuhand an, das frühere Robotron-Heizwerk zu erwerben“, erzählt Rolf Fleischmann. Die Halle war entkernt und somit ideal für das Unterstellen und die spätere Präsentation. „Wir haben die gesamte Liegenschaft gekauft, die Halle samt Grundstück. Unserem Ziel, alte Technik zu erhalten und zugänglich zu machen, sind wir damit ein ganzes Stück näher gekommen.“

In 20 Jahren ist eine Menge zusammengekommen: Gut 20 Fahrzeuge, darunter mit B1000, W50 und LO viel typische DDR-Technik. Doch auch Magirus, Mercedes, Opel-Blitz und zweiachsige Drehleiter gehören dazu sowie die entsprechenden Anhänger.
Ein alter MAN, den Meiningen einst von der Feuerwehrschule Kassel geschenkt bekommen hatte, haben sie ebenso gekauft. „Der läuft wie ein Uhrwerk“, schwärmt Rolf Fleischmann. Besucher des Stadtteilfestes Jerusalem können das bestätigen, denn da ist der MAN bei Rundfahrten stets schwer im Einsatz.

80 Prozent fahrbereit

„Wir wollen unsere Technik auch in Zukunft nicht einfach abstellen, sondern im Betrieb zeigen.“ Über 80 Prozent ist ohne Probleme fahrbereit. „Damit das so bleibt, müssen die Fahrzeuge bewegt werden“, erklärt der Experte. Die Familie besitzt daher ein eigenes rotes Kennzeichen, um die Feuerwehrautos problemlos im Straßenverkehr fahren zu können. „So ein rotes Kennzeichen kostet eine Stange Geld, ist aber nötig.“ Nötig ist ebenso die Wartung und Instandhaltung der Technik. Dafür gibt es einen separaten Raum, der als Werkstatt genutzt wird.

Doch Fleischmanns haben nicht nur einen Faible für große rote Autos. Ihnen liegt gleichwohl viel an anderer Feuerwehrtechnik. Helme, Funkgeräte und Uniformen aus DDR-Zeiten, historische Schlauchhaspeln, TF8-Notstromaggregate und vieles andere mehr gehören zum Bestand. In kleineren Räumen über der eigentlichen Halle werden davon schon Teile präsentiert. Nicht wenige bereits originalgetreu aufgearbeitet, liegen sie in den Regalen, bereit, von interessierten Gästen bestaunt zu werden.

Bis dahin ist für Familie Fleischmann und weitere drei bis vier aktiv helfende Feuerwehrkameraden aber noch jede Menge zu tun. „Im Frühjahr wollen wir an der Halle weitere bauliche Änderungen vornehmen, um die Fahrzeuge im Innern aufreihen und zeigen zu können“, kündigt Rolf Fleischmann an. So könnte zumindest ein Teil der Sammlung noch bis zum Ende dieses Jahres öffentlich zugänglich werden.

Ihr sehr intensives Hobby wollen Fleischmanns und ihre Mitstreiter weiter pflegen. Jede freie Minute, und davon gibt es wegen ihres Engagements bei der Feuerwehr so viele ja nicht, wollen sie in den weiteren Ausbau der Ausstellung investieren. Meiningen-Jerusalem könnte so – wenn denn die Pläne zur Präsentation der Polizei-Fahrzeugtechnik in der benachbarten Schott-Halle Wirklichkeit würden – zu einem wahren Mekka für Fans dieser Technik werden. Das Dampflokwerk macht vor, wie so etwas funktionieren und welch Potential darin stecken kann. Man muss es nur mutig nutzen. Ralph W. Meyer