Gehren Optimismus nach dem großen Brand vor einem Jahr

Gerd Dolge

Vor einem Jahr brannte das Wohnhaus der Familie Schneider in Gehren vollständig nieder. Die Aktion "Freies Wort hilft" war Teil einer großen Solidarität mit der Familie. Manchmal können sie sogar schon wieder lächeln. Das ist nicht ohne Weiteres zu vermuten, denn Ulrike und Bruno Schneider haben - mit Mutter Irmgard - vor ziemlich genau einem Jahr buchstäblich alles verloren.

 
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Gehren - Die drei Ausgebrannten hatten tatsächlich nichts weiter retten können, als ihr beinahe sprichwörtlich "nacktes Leben" und die wenigen Sachen, die sie in der Nacht vom 21. zum 22. Juni 2017 auf dem Leibe trugen. "Nicht einmal Schuhe hatte ich an", erinnerte sich Ulrike Schneider, lächelte unsicher und trippelte in Erinnerung an diese böse Nacht ein klein wenig auf der Stelle - so wie damals.

Es war ein unglaublich intensiver, brutaler Brand, der vom Carport aus das gesamte dreistöckige Haus, das Bruno Schneider mit seinen eigenen Händen erbaut hatte, bis auf die Grundmauern vernichtete.

Die Fassungslosigkeit war damals den Mitgliedern der Familie Schneider ins Gesicht geschrieben - sie hatten buchstäblich nichts mehr. Trotzdem sagte Bruno Schneider schon damals ein wenig trotzig: "Das Haus baue ich mir wieder auf!"

Ein ungebrochener Optimismus, der erst einmal nicht nach Versicherung und Hilfe fragte, sondern beinahe schon wieder danach, wann es denn endlich losgehen könne.

Es dauerte ein Weilchen. Der abgebrannte Gebäuderest musste von einer Spezialfirma sorgfältig abgetragen werden. Das Grundstück in der Unteren Marktstraße 62, also direkt an der Hauptstraße gelegen, leerte sich zusehends. Bagger und Spezialkräfte schafften Raum für ein neues Haus, denn Bruno Schneider war und ist weiterhin willens, seiner Familie, seiner Frau Ulrike und seiner Mutter Irmgard, ein neues Wohnhaus auf dem Grundstück des alten zu bauen.

Die Familie selbst wohnt seit dem 1. August 2017 in zwei Wohnungen, die der Familie Schneider von der Familie Werlich unkompliziert trotz vorhersehbarer zeitlicher Begrenzung zur Verfügung gestellt wurden. Was für Ulrike und Bruno Schneider besonders wichtig ist: "Wir wohnen wieder mit unserer Mutter unter einem Dach."

Für Bruno Schneider waren die zurückliegenden zwölf Monate eine beinahe ununterbrochene Anspannung. Der selbstständige Sanierer von Häusern und Wohnungen war "tagsüber" auf Baustellen in Thüringen, um Häuser mit Wohnungen für fremde Leute um- und auszubauen. Das war und ist sein Tagesgeschäft. Abends und am Wochenende stand er auf dem Grundstück seines abgebrannten Hauses und arbeitete weiter. Er ist sich sicher, dass er sein neues Haus bald beziehen kann.

Der Optimismus ist lange gewachsen. Langwirkender "Dünger", der bis heute anhält, war die unglaubliche, mit Worten nur schwer zu beschreibende Hilfe und Unterstützung, die die Familie Schneider buchstäblich seit dem Tag nach der Nacht des Brandes vor genau einem Jahr von Nachbarn, Freunden, Gehrener Bürgern und wildfremden Menschen erhalten hat. "Daraus sind auch Freundschaften entstanden, die bis heute anhalten und die es weiter geben wird", sagte dazu Ulrike Schneider.

Wahr wurde allerdings auch, was Freunde ihnen prophezeiten: "Ihr werdet schnell merken, wer wirklich Eure Freunde sind." Die Kinder und Erzieherinnen des Kindergartens "Sonnenschein" hatte der Schicksalsschlag ihrer "Nachbarn" sehr bewegt. Sie überlegten nicht lange und sammelten Spenden, die sie mit von den Kindern selbst gemalten Bildern der Familie Schneider übergaben. Überwältigend war auch die schnelle Hilfe, die vom Feuerwehrverein Gehren organisiert wurde, damit Irmgard, Ulrike und Bruno Schneider auf schnellstem Wege das Wichtigste und Lebensnotwendigste wie Kleidung und einen kleinen Hausrat erhielten.

Auch die Leser unserer Zeitung halfen innerhalb der Aktion Freies Wort hilft, die mit ihren Geldspenden dazu beitrugen, dass die Familie Schneider langsam wieder festen Boden unter die Füße bekam.

Unkompliziert und schnell war auch die Hilfe der Ämter und Behörden: "Die Ämter waren phantastisch", sagte Ulrike Schneider. "Alles ging sehr schnell, sehr reibungslos."

Dieses Lob spricht Bruno Schneider den Ämtern bis heute aus: "Wir brauchen ja für den Neubau, für den wir fest entschlossen sind, einen neuen Lageplan, einen neuen Grundbuchauszug und weitere Pläne und Dokumente. Das lief alles sehr reibungslos ab."

Aus der Asche und zwischen den verkohlten Balken haben die Schneiders trotz intensiven Suchens nichts mehr gefunden: Keine Dokumente, keine persönlichen Sachen, keine Andenken. "Was das Feuer nicht vernichtet hatte, das machte das Löschwasser endgültig fertig. Da war nichts mehr zu holen."

Auch in Sachen Versicherung erklärte Bruno Schneider: "Das ist topp gelaufen. Der Wiederaufbau wurde genehmigt." Dieser reibungslose und flotte Ablauf so vieler bürokratischer Hürden, die zuweilen sehr langwierig sein können, verführte Ulrike und Bruno Schneider ein wenig zum Träumen: "Eigentlich dachten wir, noch in diesem Jahr einziehen zu können, vielleicht schon Weihnachten im neuen Haus zu feiern." Beide schauen sich an und waren einen kurzen Augenblick traurig, dass dies wohl nicht klappen wird. "Aber man soll ja die Hoffnung nicht aufgeben."

Das neue Haus wird ein Fertigteilhaus sein und auf der Unterkellerung des alten Hauses stehen. Es wird nur zweigeschossig werden, aber die gleiche Wohnfläche haben. Das hat die Versicherung so vorgeschrieben und dagegen ist ja auch nichts zu sagen", so Bruno Schneider.

Allerdings wird das Haus äußerlich ein anderes sein. "Es wird auf dem Grundstück anders positioniert sein - quer, nicht mehr parallel zur Straße", erläutert Bruno Schneider. " Die Giebelseite mit dem Walmdach wird zur Straße hin stehen, obwohl es ja damit eine Giebelseite im üblichen Sinn nicht geben wird."

Mut und Hoffnung, dass der Aufbau des Fertigteilhauses doch relativ schnell vorangehen wird, machten den Schneiders die Versorgungsleitungen auf dem Grundstück: "Die Leitungen sind alle noch, auch die Anschlüsse für Wasser und Abwasser, für Strom und Gas. Die Zähler sind auch noch alle im Keller."

Die sorgsame Unterkellerung und Verlegung der Leitungen und ihrer Anschlüsse unter die Erde in die Kellerräume erweist sich als eine sehr kluge und vorausschauende Entscheidung beim Bau des abgebrannten Hauses.

Auch die Natur hilft mit, den Optimismus der Familie Schneider für die Zukunft zu stärken: In dem kleinen, vom Feuer weitgehend verschonten Garten am Rande des Grundstücks zeigt sich nicht nur neues Grün. Der Himbeerstrauch lockt sogar schon mit ersten roten Früchten.

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