Ilmenau Bruno möchte zu einem Fachtierarzt

Jessie Morgenroth

Hund Bruno ist blind - die Ursache für sein Handicap ist aber nicht bekannt. Nun soll ein Fachtierarzt ein Auge auf Bruno werfen. Um dies zu finanzieren, beteiligt sich der Tierschutzverein an der Aktion "Goldener Daumen".

 
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Ilmenau - Er ist groß, gutmütig, flauschig und hört auf den edlen Namen Bruno vom Wallbachsgrund. Doch Bruno wohnt nicht etwa in einem pompösen Schloss, wie man es bei seinem Namen vermuten könnte. Vielmehr ist der Labrador aktuell im Ilmenauer Tierheim untergebracht.

Der Tierschutzverein

Der Tierschutzverein Ilmenau und Umgebung wurde 1991 gegründet und zählt derzeit 81 Mitglieder. Im Mittelpunkt der Vereinsarbeit steht der Tierheimbetrieb - hier kann in Not geratenen Tieren Zuflucht geboten werden, ebenso liegen hier Anlaufpunkt und Schaltzentrale für Tierschutzbelange vereint. Die Mitglieder setzen sich stets für das Wohl der Tiere ein, der Verein ist Mitglied im Landestierschutzverband Thüringen und im Tierschutzbund Bonn. Jedes Jahr richtet der Tierschutzverein verschiedene Feste, wie das Tierheimfest sowie Oster- und Adventsveranstaltungen aus, bei denen es nicht nur tierische Aktivitäten, sondern generelle Angebote für Groß und Klein gibt.

Die Aktion "Goldener Daumen"

Das ehrenamtliche Engagement der

regionalen Vereine und ihre verschiedenen Projekte sollen in der

Aktion "Goldener Daumen", für die

Freies Wort und Sparkasse Arnstadt-Ilmenau zusammenarbeiten, anerkannt werden. In den kommenden Wochen stellen wir Ihnen drei

Vereine und ihre Projekte vor. Anschließend können Sie, liebe Leserinnen und Leser, darüber entscheiden, welches der Projekte von der

Sparkasse mit 1000 Euro, 750 Euro und 500 Euro unterstützt wird. Wenn auch Sie ein interessantes Vereinsprojekt kennen, dann schreiben Sie uns einfach per
E-Mail an lokal.ilm-kreis@freieswort.de .

Es ist nicht sein erster Tierheimaufenthalt, wenngleich Bruno und das Tierheimteam natürlich hoffen, dass der Vierbeiner nun ein Zuhause findet, in dem er für immer bleiben kann. Doch Bruno ist kein gewöhnlicher Hund: Es handelt sich um einen blinden Hund. Also nicht um einen Vierbeiner, der einem blinden Menschen als pfotiger Helfer zur Seite steht - der schöne Rüde selbst ist blind. Eine gesundheitliche Einschränkung, mit der auch seine neuen Besitzer klarkommen müssen. Warum genau der nun gut zwölf Jahre alte Rüde in seinem achten Lebensjahr die Sehkraft verlor, ist jedoch unklar. Eine durch den Goldenen Daumen initiierte Finanzspritze soll genutzt werden, um Bruno bei einem Fachtierarzt vorzustellen.

Erneut ins Tierheim kam Bruno, da sein Frauchen umgezogen ist und sie den Rüden nicht mit in die neue Wohnung nehmen durfte. Sie war nicht Brunos erste Besitzerin, der reinrassige Labrador ist in seinem Leben schon durch mehrere Hände gegangen. Dabei handelt es sich bei dem Vierbeiner um einen ausgesprochen angenehmen und zutraulichen Gesellen, der sich sowohl bei Menschen, als auch bei tierischen Artgenossen von einer absolut liebenswerten Seite zeigt. Bruno hat sogar einen Ahnenpass und hilft aktuell im Tierheim bei der Resozialisierung einer schüchternen Schäferhündin. Gemeinsam im Zwinger kann der Labrador durch seine aufgeschlossene Art Menschen gegenüber zeigen, dass Zweibeiner gar nicht so schlimm sind und die Schäferhündin motivieren, sich auch zu diesen hin zu trauen. Adel verpflichtet eben - hilft aber nicht vorm Erblinden.

Trotz seiner visuellen Einschränkung kommt Bruno insgesamt gut im Leben zurecht. Zur Erkundung seiner Umgebung verlässt er sich ganz auf seine guten Ohren und seine hervorragende Schnüffelnase. "Wenn er irgendwo neu ist, muss er sich erstmal orientieren - da eckt er auch schon mal an", beschreibt Ina Schmidt, Vorsitzende des Tierschutzvereins Ilmenau und Umgebung. "Aber da Hunde viel mit der Nase machen, ist das nicht ganz so schlimm", führt sie weiter aus. Von seiner Behinderung lässt sich Bruno nicht unterkriegen, im Gegenteil: Wenn er sich einmal in seiner Umgebung eingelebt hat, dann kommt er dort auch gut zurecht. Zudem liebt es der Vierbeiner, spazieren zu gehen. So konnte er gleich das Herz mehrerer ehrenamtlicher Gassigänger des Ilmenauer Tierheims erobern, die mit ihm gerne eine Runde drehen. Spazieren gehen, ohne etwas zu sehen? Ja, auch das funktioniert, wie Bruno beweist. Er läuft prima an der Leine und ist richtig flott unterwegs. Auch draußen verlässt er sich auf seinen Geruchs- und Hörsinn, sodass er auf seinen Namen sowie Kommandos wie "Halt" sehr gut reagiert. Nichtsdestotrotz müssen seine Gassigänger ein besonderes Auge auf Bruno haben und ihn bei Hindernissen kurz nehmen - sonst würde der Rüde in diese hineinrennen. Doch: "Seine Gassigänger sind sehr zufrieden mit ihm", freut sich Ina Schmidt.

Lebensqualität verbessern

Insgesamt hat sich Bruno mit seinem Handicap also gut arrangiert. Trotzdem soll er von einem Fachtierarzt untersucht werden, immerhin ist nicht klar, an welcher Augenerkrankung der Rüde leidet und ob sich sein Zustand in Zukunft noch verschlechtern könnte. Generell würde es Brunos Leben erleichtern, wenn er wieder etwas Augenlicht zurückerlangen könnte. Dies verdeutlicht auch eine einfache Situation im Tierheim: Beim Zurücklaufen in den Zwinger bemerkt der Rüde ein Hindernis nicht und rammt ungewollt seinen Kopf gegen dieses. Ja, Bruno eckt öfters mit seinem Schädel irgendwo an. "Wenn er die Umgebung gescannt hat, dann ist die Welt in Ordnung, aber in einer neuen Umgebung ist es am Anfang schwer", so Schmidt. Deshalb sucht Bruno auch ein neues Zuhause, in dem alles kontinuierlich stehen bleibt.

"Bruno soll einem Fachtierarzt vorgestellt werden, damit seine Lebensqualität erhalten bleibt oder verbessert werden kann", führt Ina Schmidt aus. So soll der Spezialist herausfinden, ob und welche Optionen es gibt, um Brunos Zustand stabil zu halten, ihm vielleicht sogar ein wenig Sehkraft zurückzugeben. Doch dieses Vorhaben ist sehr kostspielig. Immerhin müssen die Tierheimhelfer mit Bruno in eine spezielle Tierklinik nach Mühlhausen fahren. Alleine für die Erstuntersuchung werden schon gut 100 Euro fällig, je nach Diagnose kommen weitere finanzielle Belastungen hinzu. Sollte Bruno zum Beispiel an einem grauen Star leiden, kostet die Behandlung zwischen 800 und 1000 Euro. Ein Hornhautdefekt würde mindestens 500 Euro in der Behandlung kosten. Auch sogenannte "Cherry Eyes" (zu Deutsch Kirschaugen) kommen bei Hunden vor und sorgen für Seheinschränkungen. Hier würden mindestens 400 Euro für die Therapie fällig werden.

Wenngleich kranke Tiere durchaus im Tierheimalltag vorkommen, ein komplett erblindeter Hund ist auch für die Tierheimmitarbeiter eher selten. "Meistens sind es chirurgische Erkrankungen, die behandelt werden müssen. Zum Beispiel, wenn ein angefahrener Hund ins Tierheim kommt, braucht er eine orthopädische Behandlung. Manche Hündinnen haben auch eine Gebärmutterentzündung", weiß Jutta Strobel, Beisitzerin des Tierschutzvereinsvorstands. Für ein krankes Tier muss der Tierschutzverein mitunter einiges an Behandlungskosten bezahlen. So stellen gar nicht die Futterkosten, sondern die Tierarzt- und Personalkosten die finanziell größten Posten im Tierheim dar. Geldliche Belastungen, die der Tierschutzverein stemmen muss. Zwar bekommt das Tierheim kommunale Zuwendungen durch die Mitgliedergemeinden, doch das Geld ist knapp. So finanziert sich der Tierschutzverein zum einen durch die Mitgliederbeiträge, auf der anderen Seite wird für vermittelte Tiere eine Schutzgebühr fällig, die die neuen Besitzer bezahlen müssen. Aufwendige tierärztliche Behandlungen aber reisen schnell mal ein Loch im vierstelligen Bereich in die Vereinskasse. "Bei größeren Posten machen wir die Öffentlichkeit darauf aufmerksam und bitten um Spenden", so Jutta Strobel. Bis jetzt konnten alle angefallenen Rechnungen durch den Tierschutzverein beglichen werden, schließlich hat die Öffentlichkeit auf die Spendenbitten immer gut reagiert.

Eine weitere Einnahmequelle stellten für den Tierschutzverein die traditionelle Feste dar, doch 2020 mussten einige liebgewonnene Veranstaltungen corona-bedingt ausfallen. So gab es kein Osterfest im Frühling, auch das Tierheimfest wird nicht steigen können. "Das waren immer Feste mit sehr guter Resonanz, bei denen auch etwas Geld für den Verein reingekommen ist", so Strobel. Immerhin haben die Vereinsmitglieder stets Kaffee gekocht und Kuchen gebacken, um diese Köstlichkeiten dann bei den Veranstaltungen zu verkaufen. "Das sind anstrengende Tage, aber es macht viel Spaß und es ist ja für den guten Zweck", erinnert sich Strobel lachend. Auch andere mit den Veranstaltungen verbundene Angebote, wie der Flohmarkt oder das Kinderschminken, fanden immer großen Anklang und besserten die Vereinskasse auf. "Es ist traurig, dass die Feste in diesem Jahr ausfallen, doch es werden auch wieder bessere Zeiten kommen. Vielleicht können wir im Herbst eine kleinere Sache machen", hofft Ina Schmidt.

Normale Auslastung

Derzeit wohnen 28 Katzen und acht Hunde im Ilmenauer Tierheim, dies sei eine normale Belegung. "Es gab schon Zeiten, da war es schlimmer, vor Kurzem war es aber auch leerer", erklärt die Vorsitzende des Tierschutzvereins. Versorgt werden die Tiere von zwei Festangestellten und zwei Minijobbern, einer geförderten Maßnahme übers Arbeitsamt sowie engagierten ehrenamtlichen Helfern, die mit den Hunden eine Runde außerhalb des Tierheimgeländes drehen oder die Katzen streicheln - eine Maßnahme, die besonders bei scheuen Kätzchen wichtig ist. Der Tierschutzverein wurde am 24. Mai 1991 gegründet und zählt derzeit 81 Mitglieder. Diese setzen sich mit Leidenschaft, Hartnäckigkeit, aber auch Geschick und Weitsichtigkeit für das Wohlergehen der Tiere ein. Im Mittelpunkt der Vereinsarbeit stehen das Tierheim und dessen Betrieb. Hier werden nicht nur in Not geratene Tiere aufgenommen, auch dient dieser Ort als Anlaufpunkt für alle Tierfreunde sowie als Schaltzentrale für Tierschutzbelange. Der Tierschutzverein ist Mitglied im Landestierschutzverband Thüringen und im Tierschutzbund Bonn. Größere Aktionen hat der Verein für die kommende Zeit nicht geplant. "Das Tierheim ist unser Projekt", sind sich Schmidt und Strobel einig. Schließlich sei auch der tägliche Tierheimbetrieb immer eine mit Überraschungen verbundene Herausforderung.

Für Preis vorgeschlagen

Wie engagiert die Mitglieder sich für den Tierschutz einsetzen, wird am Beispiel Jutta Strobels klar. Sie ist Gründungsmitglied des dortigen Tierschutzvereins, 2012 trat sie der Ilmenauer Organisation bei. Seit Juni 2006 betreut sie eine Katzenfutterstelle in Gräfenroda, die sie trotz ihres Umzuges 2016 von Gräfenroda nach Arnstadt weiterhin betreibt - wenngleich sie dafür täglich zahlreiche Kilometer zur Futterstelle pendeln muss. Die Futterstelle liegt eben nicht nur einen Katzensprung entfernt. Für ihr Engagement wurde die Arnstädterin für den Thüringer Tierschutzpreis 2020 vorgeschlagen.

Strobel liegt es - ebenso wie dem gesamten Tierheimteam - am Herzen, dass Bruno ein neues, liebevolles Zuhause findet, in dem er den Rest seines Lebens verbringen kann. Gerne würde Bruno mit seinen neuen Zweibeinern viel Gassigehen und kuscheln. Er eignet sich zum Beispiel für ältere Menschen, die viel Zeit für ihn haben. Mit seiner umgänglichen, liebenswerten Art ist er jedoch auch für Hundeanfänger geeignet. Und wie schön wäre es doch, wenn Bruno dank medizinischer Behandlung seine neuen Zweibeiner vielleicht sogar mit eigenen Augen sehen könnte.

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