Themar/Suhl – In der Kleinstadt Themar haben erneut zahlreiche Menschen gegen ein neuerliches Rechtsrock-Konzert protestiert. Zunächst versammelten sich am Samstag nach Polizeiangaben etwa 90 Menschen zu einem Friedensgebet in der Kirche der Stadt. Schon da trugen viele von ihnen Kostüme oder bunte Luftballons. Anschließend zogen etwa 150 Menschen ebenfalls kostümiert und mit Luftballons in der Hand durch die Stadt unweit der thüringisch-bayerischen Landesgrenze. Einige von ihnen waren dabei schwarz gekleidet und hielten Spott-Schilder mit der Aufschrift „Schwarzer Block“ hoch. Bei den vorangegangenen Protesten in Themar gegen Neonazis hatte es Kontroverse darüber gegeben, ob man sich diesem Proteste anschließen könne und dürfe, da schwarz gekleidete, junge Menschen dabei gewesen waren.

Zu dem Konzert waren nach Angaben der Polizei vom Sonntag etwa 1.100 Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet, der Schweiz, Tschechien, Polen, der Slowakei und Italien angereist – womit einmal mehr sichtbar geworden ist, dass Thüringen zu einem Festivalland der extrem Rechten aus ganz Europa geworden ist. Die Mehrzahl der Neonazis war im Laufe des Abends angereist. Der Veranstalter hatte beim Landratsamt Hildburghausen als zuständiger Versammlungsbehörde 750 Teilnehmer für die Veranstaltung gemeldet. Sie war erneut als politische Kundgebung getarnt.



Das Rechtsrock-Konzert war das dritte dieser Art in Themar in diesem Jahr. Im Sommer hatte in der Stadt das größte rechte Musikfestival in Deutschland seit 1945 stattgefunden. Damals waren bis zu 6.000 Neonazis auf das Konzertgelände am Rande der Stadt gekommen. Themar hatte sich schon damals mit einem kleinen, aber bunten Protest gegen die Rechtsextremen gewehrt und dafür bundesweit Anerkennung erfahren.

Zuletzt allerdings hatten sich viele Menschen in Themar enttäuscht gezeigt: Sie würden von der Landesregierung in ihrem Kampf gegen Rechtsextremismus alleine gelassen, hieß es zuletzt auf einer Veranstaltung in der 3.000 Einwohner-Gemeinde.

Allerdings kontrollierte die Polizei unter anderem nach Angaben der Linke-Landtagsabgeordneten Katharina König-Preuss die anreisenden Rechtsextremen diesmal deutlich schärfer als bei den zwei vorangegangenen Veranstaltungen. Schon weit vor dem Veranstaltungsgelände seien Neonazis angehalten worden, um ihre Personalien zu überprüfen. Auch seien teilweise Kofferräume durchsucht worden, sagte sie. König-Preuss war Teil einer Gruppe von Landtagsabgeordneten, die sich vor Ort ein Bild von der Lage gemacht hatten.

Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) sagte, diese zusätzlichen Kontrollen der Polizei seien das Ergebnis einer Diskussion mit Polizeiführern. Dabei sei überlegt worden, wie man den Konzertbesuchern signalisieren könne, dass auch die Beamten sie ganz genau im Blick hätten. „So ein bisschen soll‘s ungemütlich werden für die“, sagte er. Deshalb würden nun auch Ordnungswidrigkeit wie Falschparken durch die Polizei konsequent angezeigt. Auch Maier selbst war – anders als sein Amtsvorgänger Holger Poppenhäger (SPD) bei den beiden anderen Neonazi-Konzerten in Themar in diesem Jahr – bei den Gegendemonstranten.

Gleichzeitig bekräftigte Maier, er sei fest davon überzeugt, dass es möglich sei, Themar als Veranstaltungsgelände für die Rechtsextremen unattraktiv zu machen. Wenn infolge von gesellschaftlichem und staatlichen Druck die Besucherzahlen der Konzerte sinken würden, mache die Szene dort nicht mehr so große Gewinne wie bisher. „Dann werden die nicht mehr wieder kommen“, sagte Maier. Das Ziel der Konzerte dort sei immerhin eindeutig, Geld für die Szene zu beschaffen.

Die Polizei registrierte nach eigenen Angaben vom Sonntag 17 mutmaßliche Straftaten durch Neonazis im Zusammenhang mit dem Konzert. Darunter seien fünf Vorfälle gewesen, in denen Rechtsextreme verfassungsfeindliche Symbole verwendet hätten. Zudem seien ein Verstoß gegen das Waffengesetz, eine Bedrohung, eine Beleidung und eine Körperverletzung angezeigt worden. Außerdem sei es zu zwei Fällen gekommen, in denen Konzertbesucher Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte geleistete hätten. Die Kontrollen an den Autos der Neonazis hätten zu insgesamt 16 Anzeigen geführt. „Außerdem sprachen die Beamten fünf Personen Platzverweise aus und in der weiteren Folge befanden sich vier Männer unter anderem zur Durchsetzung von diesen Platzverweisen im amtlichen Gewahrsam“, teilte eine Sprecherin der Polizei mit.

Unklar ist allerdings bislang, ob in dieser Aufstellung der Polizei zu mutmaßlichen Straftaten auch Vorfälle erfasst sind, die sich am Abend erneut im Konzertzelt ereignet haben. Auf Fotos aus der Nacht ist zu sehen, wie mehrere Neonazis mutmaßlich wieder den verbotenen Hitler-Gruß zeigen.

Beim Rechtsrock-Konzert in Themar im Juli hatten dutzende, vielleicht hunderte Neonazis den rechten Arm gestreckt und dabei „Heil“ beziehungsweise „Sieg Heil“ gerufen. Bislang konnte die Polizei nur wenige dieser mutmaßlichen Straftäter ermitteln. sh