Eigener Inhalt Ungeliebt – und doch Ikone: Vor 50 Jahren startet der VW K 70

Wolfgang Plank
 Quelle: Unbekannt

Er begründete eine Ära - und doch erinnern sich nur wenige an ihn. Im Spätherbst 1970 steht in Salzgitter ein Auto auf der Bühne, von dem es in den Presseunterlagen heißt: "Ein neuer Volks­wagen, anders als alle bisherigen - das ist der VW K 70."

 
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Tatsächlich weist die Stufenheck-Limousine in eine gänzlich neue Richtung. Mit wassergekühltem Motor und Frontantrieb vollzieht VW den Wechsel zu einem für die Marke völlig neuen Antriebskonzept. Es begründet später den Erfolg von Passat und Golf. Der K 70 verfügt zudem über ein modernes Fahrwerk mit Einzelradaufhängung. Der außergewöhnlich lange Radstand ermöglicht einen besonders großen Innenraum.

Bei allem Komfort liegt ein wesentlicher Schwerpunkt bei aktiver und passiver Sicherheit. Eine verstärkte Fahrgastzelle, Knautschzonen, der Tank hinten im geschützten Raum, eine zweifach gewinkelte Lenksäule sowie die serienmäßige Vorbereitung für Sicherheitsgurte an allen Sitzplätzen setzen Maßstäbe. Auch das heute noch modern anmutende, sachliche Design mit klaren Linien ist zukunftsweisend.

Das Platzangebot der ausschließlich viertürigen Limousine ist im Vergleich zum Käfer außerordentlich großzügig und schlägt auch den ungefähr gleich teuren und sogar längeren VW 411. Die Heizung des wassergekühlten K 70 wärmt deutlich besser als bei den Modellen mit luftgekühltem Heckmotor. Um wenigstens dem 411 Variant nicht zu schaden, wird auf einen Kombi verzichtet.

Der K 70 verfügt – wie Citroën, DKW und der NSU Ro 80 – über innenliegende vordere Scheibenbremsen. Das vermindert zwar die ungefederten Massen, erschwert aber die Wartung. Damit der Wagen nicht zu kopflastig wird, sitzt der längs eingebaute Motor nach rechts geneigt über dem Differenzial, dahinter das Getriebe, sodass fast der gesamte Antrieb exakt über der Vorderachse liegt. Die Kupplung lässt sich ohne Ausbau von Motor oder Getriebe wechseln.

Für Vortrieb sorgen zunächst 1,6-Liter-Motoren mit 75 und 90 PS, ab 1973 kommt ein 1,8-Liter mit 100 PS. Alle Aggregate erweisen sich aber als trinkfreudig, was auch am für damalige Verhältnisse hohen Fahrzeuggewicht (1060 Kilo) liegt – und am wegen der kantigen Form hohen Luftwiderstand (cw-Wert 0,52). Die Frontpartie wird deswegen mehrfach überarbeitet, ohne wirklich windschlüpfig zu werden.

Alles in allem ist dem K 70 nur eine kurze Karriere beschieden. Richtig gemocht hat ihn kaum jemand, obwohl er im Grunde ein Wegbereiter ist. Von 1970 bis 1975 rollen exakt 211 127 Exemplare vom Band. Aufgrund der niedrigen Stückzahlen und dem damals noch heftig nagenden Rost ist der K 70 aus dem heutigen Straßenbild praktisch verschwunden. Selbst in der Oldtimer-Szene gilt die ungeliebte Ikone als exotisch.

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