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Wolfgang Plank

Corona hat die Autobauer infiziert. Bänder stehen still, reihenweise platzen Präsentationen neuer Modelle.

 
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Man muss vorsichtig sein in diesen Tagen. Wegen möglicher Ansteckung selbstverständlich – aber auch, was Prognosen angeht. Die gelten, weil sie gemeinhin die Zukunft betreffen, schon in vergleichsweise normalen Zeiten als schwierig, aktuell indes rechnet man in Sachen Ausblick eher in Stunden als in Tagen: Grenzen dicht, Dax im Keller, Hamster im Laden – weltweit kollabiert das öffentliche Leben. Und mancherorts nimmt die Lernkurve einen ähnlichen exponentiellen Verlauf wie die Ansteckungsrate.

Auch den Autobauern schlägt Corona mächtig ins Kontor. Zusätzlich zum Umstieg auf das E-Mobil. Aktuell steht den Leuten der Sinn statt nach Karossen nach Konserven und Klopapier, immer weniger Menschen können in den Werkhallen überhaupt noch irgendeiner Arbeit nachgehen – und weil der Nachschub erlahmt, stehen mittlerweile fast überall die Bänder still. Ferrari hatte als erster Hersteller dichtgemacht, weil wichtige Teile fehlten, auch VW, Audi, Ford, Mercedes, BMW und der PSA-Konzern inklusive Opel haben bis auf weiteres die Produktion eingestellt.

Den Motorsport hat der Virus ebenfalls angesteckt. Die Rallye-WM in Mexiko ging – um einen Tag verkürzt – gerade noch Stunden vor den ersten Reisebeschränkungen über die staubige Bühne, ansonsten aber hat es sich fürs Erste ausgeröhrt: Von Formel 1 über Tourenwagen-Rennen bis zur Deutschen Rallye-Meisterschaft stehen derzeit alle Startampeln auf Rot.

Und noch an anderer Stelle trifft es die Hersteller empfindlich: bei der Vorstellung ihrer neuen Modelle. Üblicherweise ist das ein großer Auftritt. Gerne in wärmeren Gefilden und vor schickem Ambiente. Der Aufwand ist daher nicht selten ein gewaltiger. Logistisch wie finanziell. Agenturen sind Monate im Voraus mit Planung und Ausführung beschäftigt. Es geht schließlich um viel: Fotos, Eindrücke, Werbespots. Und da gilt der Grundsatz: Zufall ist was für Amateure . . .

Und nun? Dürfen all die hübschen Kulissen nicht aufgebaut werden, Journalisten nicht ins Land – und die, die schon da sind, sich nicht treffen. Wer wollte in Zeiten, da Virologen wie Politiker reihenweise die Katastrophe ausrufen, noch so etwas wie eine Pressekonferenz verantworten? Von Škoda Octavia über Subaru XV bis VW T-Roc Cabrio fordert die Krise reihenweise auch mediale Opfer.

Besonders hart trifft es Opel. Mit dem Corsa-e wollten die Rüsselsheimer dieser Tage in Berlin ihr wichtigstes Modell überhaupt vorstellen. Schließlich trägt der Bestseller und Markenbotschafter den Blitz nicht bloß im Logo, sondern markiert mit 136 PS und einer Batterie-Reichweite von stolzen 330 Kilometern so etwas wie den Aufbruch. Und das nicht nur auf dem Papier. Der verschwesterte Peugeot 208 wurde vor ein paar Tagen immerhin zu Europas "Car of the Year" ausgerufen.

Opel-Sprecher Harald Schmidt bedauert die Absage sehr. Die Sorge um die Gesundheit aller habe aber keine Wahl gelassen. Mit einem zeitnahen Angebot an Fahrzeugen sollen zumindest verkürzte Testfahrten möglich gemacht werden. Wie sich Corona auf die Einführung weiterer Modelle auswirkt, will Schmidt derzeit noch nicht abschätzen.

Frust herrscht derzeit auch bei Ford. Mit dem Kuga fällt die Vorstellung eines der prominentesten Modelle flach. Genau genommen gleich doppelt. Erst platzte der große Europa-Auftritt in Portugal. "Binnen sieben Tagen haben wir dann eine Alternative in Bonn auf die Beine gestellt", sagt Ford-Sprecher Isfried Hennen. "Dann mussten wir aber notgedrungen auch die absagen." Und ein gutes Ende ist nicht abzusehen. "Wir fahren derzeit auf Sicht", bekennt Hennen. Die für das dritte Quartal geplante Präsentation des Mustang Mach-E ist derzeit alles andere als sicher. Von der IAA für Nutzfahrzeuge gar nicht erst zu reden.

Porsche gehört ebenfalls zu den Virus-Opfern. Für das Top-Modell 911 Turbo S mietete der Sportwagenbauer mit Laguna Seca in Kalifornien eine der bekanntesten Rennstrecken an. In Sachen Geld und Organisation keine der kleinen Nummern. Auch hier ging der Vorlauf über Monate. Die Autos wurden teilweise verschifft, ein paar gingen sogar per Flieger in die USA. Doch spätestens nach der Absage der Beijing Motorshow war man bei den Stuttgartern alarmiert.

"In der heißen Phase haben wir das Projekt jeden Tag neu bewertet", sagt Elena Storm. Die Sicherheit der Mitarbeiter und Journalisten habe stets Vorrang gehabt. Ein Happy End gab’s trotzdem nicht. "Als Corona zur Pandemie erklärt wurde, war für uns die Absage klar", so die Porsche-Sprecherin für Sportwagen-Modelle. Donald Trump mit seiner Einreisesperre sei da schon nicht mehr entscheidend gewesen.

Und wann gehen die Scheinwerfer in der Branche wieder an? Da wagt derzeit niemand eine Prognose. Schon weil man das mit der Zukunft durchaus wörtlich nehmen darf . . .


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