Zupfmusik Eine Heimstatt für die Zupfmusik

Jürgen Glocke
Keine Jubiläumsfeier ohne musikalische Einlagen: Der Mandolinenklub, hier verstärkt durch drei Spieler vom Volksmusikverein „Waldesrausch“ aus Steinbach-Hallenberg, gab Kostproben seines Könnens. Foto: /Jürgen Glocke

Seit 100 Jahren hat die Zupfmusik in Schwarza ein Zuhause. Mitglieder, Freunde und Gönner des Mandolinenklubs Waldesklänge 1921 gedachten kürzlich dieser langen Tradition.

 
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Schwarza - Die Geschichte der Zupfmusik reicht weit zurück. Die Anfänge liegen in der Altsteinzeit, die Leier ist seit dem 4. Jahrtausend, die Harfe seit dem 3. Jahrtausend vor Christus. Überaus populäre Vertreter dieser Instrumenten-Gattung gibt es ebenso wie solche, die nicht, oder nicht mehr ganz vorn im Rampenlicht stehen. So sind in der heutigen musikalischen Landschaft häufiger Gitarren anzutreffen als beispielsweise Mandolinen. In Schwarza jedoch hat sich ein Mandolinenensemble erhalten – und dies über eine Zeitspanne von einem Jahrhundert hinweg.

Im Februar dieses Jahres wäre der rechte Zeitpunkt gewesen, das 100-Jährige festlich zu begehen. War es doch am 27. Februar 1921, als sich einige Musikanten im Gasthaus Zur Linde in Schwarza trafen, um eine Musikgruppe zu gründen. 100 Jahre später beherrscht die Corona-Pandemie den Globus und die daraus resultierenden Veranstaltungsverbote vereiteln zunächst das geplante Jubiläumsfest. Die inzwischen gelockerten Restriktionen erlaubten es, dass der Mandolinenklub Waldesklänge 1921 Schwarza am vergangenen Samstag seiner langen Geschichte gedenken konnte – Corona-gerecht in einem kleinen Kreis im Haus der Vereine.

Nach den Begrüßungsworten von der 1. Vorsitzenden Gisa Tilke gab Manfred Kümmel einen kurzen Abriss von der Geschichte des Orchesters. Die Intension der Gründer in der Zeit der Wandervogelbewegung sei es gewesen, mit Mandoline, Geige, Gitarre und Thüringer Waldzither zu musizieren und die Geselligkeit zu pflegen. Musiziert wurde zunächst nach dem Gehör, da kaum ein Spieler über Notenkenntnisse verfügte. Diese und eine solide Spieltechnik waren aber nötig um konzertmäßige Aufführungen zu veranstalten. Zwei Jahre vergingen, bis das Ensemble so weit war, an erste öffentliche Auftritte zu denken. 1925 konnte der Zitherklub Waldesklänge schon ein Abend füllendes Programm füllen.

Bis in die 1970-er Jahre hinein – nur unterbrochen durch den Zweiten Weltkrieg, aus dem fünf Mitspieler nicht wieder nach Hause kamen – war das Ensemble aktiv, entwickelte sich weiter und sorgte bei vielerlei Gelegenheiten für Unterhaltung. Als das sozialistische System den Mandolinenspielern mit verschiedenen Repressalien die Musizierlust vergraulte, legten diese Mitte der 1970-er Jahre die Instrumente beiseite.

20 Jahre lang ruhte der Spielbetrieb – bis 1994. Zur Wiedererweckung des Zupfensembles kam es im Rahmen der Vorbereitungen für das 1995 anstehende Jubiläum „500 Jahre Markt- und Stadtrecht in Schwarza”. Impulsgeberin dafür war die Beigeordnete des damaligen Bürgermeisters Gerd Liebaug, Renate Herrmann. Reiner Munk und Wolfgang Mägdefrau fingen den Ball auf und lenkten den Neuanfang in die richtigen Bahnen.

Elf Musiker vom 1974 stillgelegten Ensemble fanden wieder zur Probenarbeit zusammen. Unter ihnen Wolfgang Mägdefrau, Reiner Munk, Manfred Kümmel und Dieter Kahn. Bis heute sind vier, jeder inzwischen über 80 Jahre alt, Stützen des Ensembles. Einige Monate nach der Wiedergeburt gab der Mandolinenklub Waldesklänge erstmals nach zwei Jahrzehnten wieder Konzerte.

Von der Stunde der Wiedergeburt an fungiert Wolfgang Mägdefrau als musikalischer Leiter. Auf seinen Ideen und seinem unermüdlichen Wirken, das wurde am Samstag mehrfach betont, beruhe die musikalische Entwicklung und das Können der Ensemblemitglieder, sodass sich der Mandolinenklub zu einem bedeutenden Kulturträger in der Gemeinde entwickeln und Bekanntheit weit über die Dorfgrenzen hinaus erlangen konnte.

Als organisatorischer Leiter stand Reiner Munk viele Jahre an Wolfgang Mägdefraus Seite. Beide bemühten sich intensiv auch um die Nachwuchs-Heranziehung. Nicht ohne Erfolg: Anfang der 2000-er Jahre zählte das Ensemble 32 Mitglieder, darunter zahlreiche junge Frauen und Männer sowie zeitweise sogar eine Gesangsgruppe. 2004 übergab Reiner Munk den Vorsitz an Wolfgang Mägdefraus Tochter Gisa Tilke, die diesen bis heute innehat.

Wurden anfangs fast nur Märsche und Polkas gespielt, so wurde das Repertoire des Orchesters im Laufe der Zeit sukzessive erweitert. Nach und nach fanden Konzertstücke, Potpourris, italienische, griechische und südamerikanische Weisen sowie Volksmusik und Pop einen festen Platz im Spielplan. Jährlich gut ein Dutzend Auftritte bestritten die Musiker noch bis vor einigen Jahren – in Schwarza, in den umliegenden Gemeinden und darüber hinaus sowie bei Veranstaltungen befreundeter Zupforchester. Altersbedingte Abgänge und mangelnder Nachwuchs führten zur Reduzierung der Konzert-Aktivitäten. Seinen letzten öffentlichen Auftritt hatte der Mandolinenklub im Frühjahr 2019.

2020 und im ersten Halbjahr 2021 ging Corona-bedingt gar nichts. Seit Juli treffen sich die verbliebenen neun Orchestermitglieder wieder zu Proben. Was sie sich anlässlich des 100-jährigen Jubiläums wünschen: dass der Mandolinenklub eine Zukunft haben möge. „Das wird schwierig werden“, sagte Gisa Tilke. Die Interessen junger Leute seien heute ganz andere als früher. Und dort, wo man auf Talente treffen könnte – beispielsweise Musikschulen – gebe es eigene Orchester. „Aber wir spielen so lange wir können“, bekräftigte Gisa Tilke.

Susanne Reum, die in Vertretung von Landrätin Peggy Greiser an der Jubiläumsfeier im Haus der Vereine teilnahm, versprach bei der Suche nach Mitteln und Wegen zur Gewinnung von Nachwuchsmusikern behilflich zu sein. Die Mandoline sei im Landkreis ein eher selten gespieltes Instrument, gerade dadurch aber eine große Bereicherung, die es zu bewahren und auszubauen gelte.

Die Probleme in puncto Nachwuchsgewinnung kenne sie sehr gut, betonte die Erste Beigeordnete der Landrätin. Sei sie doch auch eine Zeit lang als Musikerin aktiv gewesen, habe bei den Famberger Musikanten Saxophon gespielt.

Neben den Grußworten der Landrätin an den Verein und an den musikalischen Leiter Wolfgang Mägdefrau für seine unermüdliche Arbeit überbrachte Susanne Reum auch einen 100 Euro-Scheck zur Unterstützung der Vereinsarbeit. Einen solchen hatte auch Renate Herrmann in Vertreterin von Bürgermeister Marco Rogowski als Anerkennung der Vereinsarbeit an Gisa Tilke übergeben. Glückwünsche zum 100-Jährigen sowie für jedes Ensemblemitglied eine Rose überbrachten drei Gesandte des Volksmusikvereins „Waldesrausch“ aus Steinbach-Hallenberg, der sein 100-jähriges Bestehen bereits 2019 feiern konnte.

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