Zum Welttag der Katze Katzenleben auf der Schattenseite

Antje Kanzler
Ein ganz typischer Anblick bei kleinen Streunerkätzchen. In diesem Zustand kamen sie in die Obhut des Meininger Tierschutzvereins. Foto: privat

Die Leserfotoaktion „Zeigt her eure Katzen!“ zum Welttag der Katze
am 8. August spiegelt die schönen Seiten des Miteinanders von Menschen und Miezen wider. Leider gibt es auch andere – wie das elende Schicksal der Streunerkatzen. Deshalb wird im Landkreis gerade an der Einsetzung einer Katzenschutzverordnung gearbeitet.

 
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Das Meininger Tageblatt hat den Welttag der Katze am 8. August in diesem Jahr zum Anlass für die Leserfotoaktion „Zeigt her eure Katzen!“ genommen, um das beliebteste Haustier der Deutschen in den Blickpunkt zu rücken. Gedacht ist dieser Aktionstag natürlich vor allem dazu, auf das Schutzbedürfnis der stolzen, eigenwilligen, liebenswerten Tiere und ihre artgerechte Haltung aufmerksam zu machen.

Neben denen, die wohlbehütet und innig geliebt in Familien leben, gibt es auch die Vergessenen. Ehemalige Hauskatzen, die ausgesetzt und zurückgelassen wurden oder sich verlaufen haben, sich nun dem täglichen Überlebenskampf stellen, Wetter und Kälte aushalten müssen und sich dennoch vermehren. So weitet sich das Katzenelend stetig aus. Zwei Millionen Streuner sollen es bundesweit sein. Hinzu kommen immer wieder Tiere von Katzenhaltern, die nichts gegen die unkontrollierte Vermehrung ihrer eigenen Hauskatzen tun. Werden es an einem Fleck zu viele, wandern einige ab aus dem „überfüllten“ Revier. Ganze Populationen von scheuen Streunerkatzen entstehen so, die kaum genug Futter finden können, von Parasiten geplagt werden, unter unbehandelten Verletzungen leiden und schwere Infektionskrankheiten bekommen, weitergeben, oft selbst daran versterben. Auch private Freigänger-Katzen können sich so mit Katzenschnupfen, der Katzenseuche, Katzenleukämie, Katzen-Aids (FIV), mit dem felinen Corona-Virus (FIP) und ähnlich lebensbedrohlichen Erkrankungen anstecken.

Für viele Menschen sind diese Tiere allerdings geradezu unsichtbar, zumal sich nicht wenige erst im Schutz der Dunkelheit aus der Deckung wagen. Und selbst die Tagaktiven unter ihnen werden oft gar nicht als herrenlose Tiere erkannt, da es vor allem in den Dörfern jede Menge Freigänger-Katzen gibt. Man muss daher genauer hinschauen, um diese Tiere wahrzunehmen, die es auch zu Hunderten im Landkreis Schmalkalden-Meiningen gibt. Dazu aber muss zunächst einmal das Bewusstsein für dieses Problem wachsen. Typisch für diese bedauernswerten Geschöpfe sind – neben ihrem menschenscheuen Verhalten – oft ausgemergelte Körper, Katzenschnupfen, vereiterte Augen, offene Wunden und ungepflegtes Fell. Man muss sich im Klaren darüber sein, dass es sich auch bei diesen vermeintlich wilden Katzen um Haustiere und deren Nachkommen handelt. Sie werden es immer bleiben – sie sind nicht dafür geschaffen, sich über lange Zeit allein durchzuschlagen. Ihr Schicksal ist endloses Leid. Wenn Mensch nicht hilft.

Ausweg Katzenschutzverordnung

Weil das so ist, hat der Gesetzgeber vor einigen Jahren reagiert und einen zusätzlichen Paragrafen ins Tierschutzgesetz eingefügt – Paragraf 13 b zum Schutz freilebender herrenloser Katzen. In den Bundesländern wurden daraufhin Voraussetzungen geschaffen, um Katzenschutzverordnungen zu erlassen – 2016 auch in Thüringen. Die Einsetzung solcher Verordnungen wurde im Freistaat allerdings den Kommunen überlassen. Verschiedene Thüringer Städte und Landkreise arbeiten bereits erfolgreich mit diesem Steuerungsinstrument. Der Landkreis Schmalkalden-Meiningen bislang noch nicht, weshalb sich die Tierschutzvereine aus Meiningen, Schmalkalden und Zella-Mehlis an die Politik wandten mit der Bitte um Hilfe. Denn das massive Tierelend überfordert die ehrenamtlichen Tierschützer der Region personell, finanziell und nicht zuletzt emotional. Vor allem im Frühling und Herbst, wenn beinahe täglich aus einer Ecke des Landkreises Katzenwürfe – mal mit, mal ohne Muttertier – gemeldet werden.

Seit einigen Jahren hat der Freistaat ein Förderprogramm zur Kastration von Streunerkatzen aufgelegt, das die Vereine nutzen, um in ihnen bekannten Streuner-Kolonien tätig zu werden. Niemand weiß, wie lange es dieses Kastrationsprogramm noch gibt. Zum Anfüttern der Tiere sind zunächst genehmigte betreute Futterstellen an den Standorten erforderlich. Tierschützer fangen die wild lebenden Tiere ein, die nach einer medizinischen Grundversorgung kastriert und schließlich wieder in ihre gewohnte Lebensumgebung entlassen werden, weil man sie leider meist nicht mehr an Menschen gewöhnen kann. Stellt sich allerdings heraus, dass es sich um eine zahme herrenlos gewordene Katze handelt, wird der Versuch einer Vermittlung unternommen. Auch den Streunernachwuchs zähmen die Tierschützer in ihren Pflegestellen. Der tatsächliche Bedarf, gerade in vielen Dörfern, übersteigt aber bei Weitem die Möglichkeiten. Die oft kränklichen Wildfänge aufzupäppeln mit allem, was an medizinischer Versorgung dazugehört, ist mit hohen Kosten und unermüdlicher ehrenamtlicher Arbeit für die Tierschutzvereine verbunden.

Mithilfe von Tierfreunden ist gefragt

Landrätin Peggy Greiser hatte sich die Probleme und Argumente der Tierschutzvereine im vergangenen Jahr angehört und schließlich das kreisliche Veterinäramt beauftragt, auch für den hiesigen Landkreis eine solche Katzenschutzverordnung zu erarbeiten – gemeinsam mit den Tierschutzvereinen und den Ordnungsämtern der Region. Dazu bedarf es intensiver Vorbereitung durch die Vereine – und der Mithilfe von Tierfreunden aus der Region. Wer herrenlose Katzenpopulationen in seiner näheren Umgebung wahrnimmt, wird dringend gebeten, sich mit einem Tierschutzverein in Verbindung zu setzen – in Meiningen unter der Telefonnummer der Tierauffangstation, (03693) 47 84 60.

Die Gespräche in den verschiedenen Regionen werden jetzt nach und nach geführt und alle kommunalen Verwaltungsbereiche des Landkreises aufgesucht. Bei der „Verordnung zum Schutz freilebender Katzen“ handelt es sich nämlich nicht um ein flächendeckend wirkendes Regelwerk. Vielmehr werden Behörden und Tierschützer dort tätig, wo sich Problembereiche abzeichnen. Das kann ein Stadtviertel sein, ein ganze Dorf oder auch nur eine Straße oder Kleingartenanlage. Diese Bereiche herauszufinden, bitten die Tierschutzvereine dringend um Mithilfe. Die Benennung der sogenannten Hotspots in der Verordnung ist immer zeitlich begrenzt. Haben sich die Probleme in einem Bereich gegeben, kann der Erlass dort aufgehoben werden. Dafür gibt es vielleicht andernorts inzwischen neuen, die mit aufgenommen werden in die Verordnung.

Kastrationspflicht an Hotspots

Was aber heißt das für jene Bereiche, in denen diese Katzenschutzverordnung eingesetzt wird? Es bedeutet, dass in diesem Gebiet alle Katzenhalter, die ihren Tieren den Freigang ermöglichen möchten, dafür sorgen müssen, dass ihre Katzen kastriert, gechippt und bei einem Tiermelderegister erfasst sind. Nur dann besteht keine Gefahr, dass sie zur weiteren Vermehrung der wilden Katzenpopulationen beitragen. Punktuell wird das behördlich kontrolliert. Außerdem werden die Tierschutzvereine bei unkastrierten Tieren tätig. Wer seine Mieze nicht kastrieren lassen will, muss sie in der Wohnung halten.

Die Chippflicht – bei Hunden seit Langem gang und gäbe – hat noch einen anderen Vorteil: Wenn jemand sein Tier vermisst, könnten die Finder der Katze schnell herausfinden, woher der Ausreißer kommt.

Vehement widersprechen möchten die Tierschützer übrigens einem verbreiteten Vorurteil: Selbstverständlich fangen auch kastrierte Katzen weiter begeistert Mäuse.

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