„Der […] 1907 entstandene untere Teil der Bahnhofstraße zeigt gleich das größte Gebäude unserer Stadt, das Einkaufshaus der Firma Woolworth in New-York. Rund 5000 Quadratmeter bedeckt dieser fünfstöckige Bau, und er enthält nahezu 100 000 Kubikmeter umbauten Raum. […] Diese massigen, ihre Umgebung überragenden Gebäude tragen symbolischen Charakter. Sie lassen mit einem Blick das Wirtschaftliche von Stadt und Kreis offenbar werden. Der Woolworth-Bau versinnbildlicht geradezu die die heimische Spielwaren-Industrie, die auf Gedeih und Verderb mit einer flotten Ausfuhr verknüpft ist.“ Mit diesem euphorischen Text, ganz geprägt vom Optimismus der „goldenen 1920er“ des vergangenen Jahrhunderts, eröffnen die Autoren eines touristischen Führers einen Rundgang durch die Stadt Sonneberg, die im Selbstverständnis der kommunalen Eliten „die Werkstatt des deutschen Weihnachtsmannes“ und „Weltspielzeugstadt“ war. Die Skyline der Neubauten schaffte es als Grafik sogar in den Sonneberg-Guide aus dem Jahr 1927. Bis zur Weltwirtschaftskrise bestanden in Sonneberg eine ganze Reihe von Niederlassungen großer amerikanischer Handelskonzerne. Die Einkäufer suchten in der Stadt den Kontakt zu Herstellern von Spielzeug, Christbaumschmuck und anderen Erzeugnissen.
Woolworth-Historie Eine Kathedrale des Großhandels
Thomas Schwämmlein 02.04.2024 - 18:41 Uhr