WM in Oberstdorf: Skispringen der Frauen von der Großschanze Von null auf 100

Lars Becker
Plötzlich im Rampenlicht: Luisa Görlich vom WSV Lauscha. Foto: /Christian Walgram/Imago

Als Ersatzfrau angereist, zwei Wettbewerbe bestritten und am Mittwoch bei einer Weltpremiere dabei: Für Luisa Görlich verläuft die WM besser als gedacht.

 
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Oberstdorf - Luisa Görlich hatte sich nur hauchdünn und als Ersatzfrau für diese Nordische Heim-Weltmeisterschaft von Oberstdorf qualifiziert. Deshalb war die 22-jährige Skispringerin vom WSV Lauscha umso stolzer, dass sie am Mittwochabend Teil einer WM-Premiere für die fliegenden Frauen sein konnte. Beim ersten WM-Großschanzenspringen für die Skispringerinnen ersetzte die Überraschungsfrau Rekord-Weltmeisterin Carina Vogt im deutschen Team.

Görlich landete am Ende nach Sprüngen auf 106 und 112 Meter auf einem für sie guten 19. Platz. Ihre Thüringer Teamkollegin Juliane Seyfarth (WSC Ruhla) – Doppel-Weltmeisterin von 2019 – schaffte es nach 118 und 123 Meter sogar als beste Deutsche auf Rang zehn: „Das war mein bester Wettkampf in diesem Winter.“ Erste Großschanzen-Weltmeisterin wurde die norwegische Olympiasiegerin Maren Lundby.

Luisa Görlich war nach der gelungenen WM-Premiere auf der Großschanze derweil glücklich. „Natürlich war ich im ersten Durchgang nervös, schließlich war das mein erster Einzel-Einsatz bei einer WM. Aber ich kann mit meiner Bilanz in Oberstdorf wirklich zufrieden sein. Es hat richtig viel Spaß auf der Großschanze gemacht“, betonte Görlich. Im Weltcup sind die Skispringerinnen in diesem Winter nämlich nur in zwei Wettbewerben in Titisee-Neustadt vom großen Bakken gesprungen.

Ansonsten müssen die Frauen fast ausschließlich von der kleineren Normalschanze fliegen. Dort, wo auch die ersten drei Wettbewerbe dieser Heim-WM über die Bühne gegangen waren. Görlich durfte dabei beim Damen-Teamwettbewerb mitspringen und zeigte beim fünften Platz des deutschen Teams eine für sie starke Leistung. „Luisa hat bei dieser WM ihre besten Sprünge gezeigt“, lobte Bundestrainer Andreas Bauer.

Diese beiden WM-Einsätze waren für die Junioren-Weltmeisterin von 2017 viel mehr, als sie vor dieser WM erwartet hatte. Erst im letzten Weltcup vor dem Saisonhöhepunkt im rumänischen Rasnov setzte sich Frau aus Hasenthal im Landkreis Sonneberg im Duell um den deutschen WM-Startplatz gegen ihre WG-Partnerin Selina Freitag durch.

Nach einer schwachen Leistung der fünfmaligen Weltmeisterin Carina Vogt im ersten Einzelwettbewerb kam Görlich überraschend im Frauen-Teamwettbewerb zum Einsatz. Und setzte sich Anfang der Woche im ersten Großschanzen-Training gegen die Premieren-Olympiasiegerin im Skispringen durch. Die schwachen Leistungen von Vogt haben natürlich vor allem mit ihrer Verletzungs-Geschichte zu tun. Auch fast zwei Jahre nach ihrer Kreuzband-Verletzung entzündet sich ihr Knie immer wieder. Deshalb muss sich Vogt laut Chefcoach Bauer auch in der kommenden Woche „einer kleinen Operation unterziehen“. Ihre Leidensgeschichte wurde in Oberstdorf zur Chance für Luisa Görlich, die in ihrer Karriere selbst schon Erfahrungen mit einer schweren Knieverletzung gemacht hat.

Die Thüringerin kommt aus einer sportlichen Familie. Ihre kleinere Schwester Emilia ist als Nordische Kombiniererin aktiv – eine Sportart, die für die Frauen in Oberstdorf ihre WM-Premiere feierte. Zwillingsschwester Sophia Görlich hatte einst auch mit dem Skispringen begonnen, musste nach mehreren schweren Verletzungen ihre Karriere jedoch beenden.

Luisa Görlich, die schon lange in der Top-Frauengruppe um Althaus und Seyfarth in Oberstdorf trainiert, wird nach ihrem tollen WM-Debüt natürlich weitermachen: „Ich kann sehr viel aus Oberstdorf mitnehmen und habe noch Reserven.“ Im nächsten Winter stehen die Olympischen Spiele in Peking an. Dort möchte Luisa Görlich dabei sein – selbstverständlich am liebsten nicht nur als Ersatzfrau.

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