Nicht zuletzt wegen seines bisher besten Wahlergebnisses - über 87 Prozent werden ihm zugeschrieben - sieht er sich selbst in der Position nie dagewesener Stärke. Moskaus Führung feiert das Ergebnis auch als Scheitern des Westens, Einfluss zu nehmen auf die Wahl. Zufrieden nimmt Putin am Montag auch Glückwünsche aus befreundeten Staaten entgegen, unter ihnen Autokraten Nordkoreas, Syriens und Tadschikistans. Der Kreml listet die Gratulanten penibel auf – und registriert, wer – wie etwa Deutschland - nicht gratuliert oder sogar Putins Anerkennung ablehnt.
Die Kritik des Westens an der Wahl ist in Moskau am Tag nach der Abstimmung das bei Weitem am stärksten diskutierte Thema. Putin meint, er habe keinen Applaus des Westens erwartet. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, ätzt, die Chefs der Nato-Staaten verhielten sich wie "Kakerlaken", die durcheinanderlaufen, wenn das Licht angeht: Die einen wollten das Ergebnis nicht anerkennen, die anderen nähmen es zur Kenntnis. Schon kurz vor der Wahl wies Kremlsprecher Dmitri Peskow jede Kritik zurück. "Unsere Demokratie ist die allerbeste, und wir werden sie weiter aufbauen."
Keine freie Medienberichterstattung
Beobachter erwarten hingegen, dass die Repressionen nach Putins Wiederwahl nun noch zunehmen werden, um seinen Machterhalt zu zementieren. Schon jetzt gibt es in Russland keine freie Medienberichterstattung mehr, Tausende Internetseiten sind blockiert. Wer den Kreml oder den Krieg kritisiert, riskiert Strafen bis hin zu Haft im Straflager. Es gibt keine Versammlungsfreiheit. Oppositionelle sind entweder in Haft, im Exil im Ausland oder tot.
Der prominente russische Politologe Andrej Kolesnikow in Moskau zeichnet ein düsteres Bild. Ein Machtapparat, der sich nur mit Polizeigewalt behaupte, werde nie bequem regieren können. Auch eine Konsolidierung der Gesellschaft auf Grundlage von Hass gegen die zivilisierte Welt werde keine Stabilität bringen. Putin stütze seine Macht auf die Passivität der Massen und auf Angst. "Wladimir Putin kann vielleicht kurzzeitig gewinnen, aber er legt Minen unter Russlands Zukunft", analysiert der Experte für die Denkfabrik Carnegie.
Eine Perspektive sehen viele nicht – auch keine Hoffnung auf einen Machtwechsel. Das Land entwickle sich vielmehr von einem autoritären Regime zu einem totalitären Staat, sagt Kolesnikow. Nach fast einem Vierteljahrhundert an der Macht habe Putin eine "parasitäre Elite" herangezogen, ein Großteil der Bevölkerung sei abhängig von staatlichen Jobs. Statt eines Mittelstandes mit Unternehmern und kreativen Menschen gebe es einen Apparat mit Sicherheitskräften und Bürokraten, deren Einkommen und sozialer Status völlig von Putins Wohlwollen abhängig seien.
Wie lange das hält, kann niemand sagen."Es ist möglich, dass das Regime für die nächsten paar Jahre genügend Ressourcen hat, um sich nach dem Prinzip "Nach uns die Sintflut" an der Macht zu halten", sagt Kolesnikow.
Putin hatte mit einer Verfassungsänderung schon vor fast vier Jahren die Weichen stellen lassen, um auch 2030 wieder zur Wahl antreten zu können. Auf dem Roten Platz in Moskau feierten am Montag Tausende Menschen Putin als Wahlsieger mit "Rossija-Rossija"-Rufen. Es war auch eine Party zum 10. Jahrestag der Annexion der Schwarzmeer-Halbinsel Krim.