Wirtschaft und Kommunen rücken zusammen Zwei Geschwister, die in einem Boot sitzen

Von Cathrin Nicolai
Richtig hart hat es die Gastronomie getroffen, die nun schon 172 Tage geschlossen ist. Foto: / Zitzmann

Zwei Stunden beraten Unternehmer, Bürgermeister und IHK-Vertreter über die Wiederbelebung der Sonneberger Wirtschaft. Am Ende kann man stolz verkünden, dass man es in der Kürze der Zeit geschafft hat, einen Konsens zu finden und einen Pakt schließt.

 
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Neuhaus-Schierschnitz/Sonneberg - Wie sieht es zurzeit in den Gemeinden und in den Betrieben der Region aus?, Wie kommt man mit der aktuellen Situation zurecht?, Wie soll es nach der Pandemie weitergehen und was kann man schon jetzt tun, um die Folgen der Einschränkungen in Grenzen zu halten? – mit diesen Fragen beschäftigte sich am Donnerstags Nachmittag eine Konferenz, an der unter Leitung der IHK Bürgermeister aus den Städten und Gemeinden, Vertreter des Landratsamtes sowie Unternehmer teilnehmen. Deutlich wurde dabei, dass man in einem Boot sitzt und sich gegenseitig helfen muss, damit das Boot nicht untergeht. Welche Maßnahmen dabei konkret und vor allem zeitnah in Angriff genommen werden können, konnten bereits erarbeitet werden und sollen nun noch in einem Pakt schriftlich festgehalten werden.

Markus Bogoczek, Geschäftsführer metalution GmbH und stellvertretender Vorsitzender des Regionalausschusses Sonneberg der IHK, ist beeindruckt von den sehr offenen und zielfassenden Gesprächen. Angesprochen von verschiedenen Unternehmern in der Region hat er die Initiative ergriffen und die Konferenz zur Belebung der Sonneberger Wirtschaft organisiert.

Inzwischen, so macht er deutlich, sind viele deutlich an der Grenze des Machbaren, leiden unter der unübersichtlichen Lage und den immer wieder neuen Regeln und verlieren aufgrund von Kurzarbeit ihre Mitarbeiter. „Wir müssen gemeinsam in den schweren Zeiten nach Lösungen“, begründet er sein Engagement. Sichtlich stolz ist er, dass man in der Kürze der Zeit schon einiges erreicht habe. „Wir haben bereits erste Punkte festgelegt, wie wir den Restart sowohl in den Kommunen als auch in der Wirtschaft schon jetzt vorbereiten und ihn in Angriff nehmen können“, erklärt er stolz. Das Ganze soll nun in einem Pakt festgehalten und als Forderungskatalog an die Thüringer Landesregierung geschickt werden. „Aber uns ist klar, dass dies nur ein Anfang ist“, gibt er zu bedenken. Weitere Konferenzen und vor allem weitere Maßnahmen müssen folgen.

Wie schlimm es tatsächlich in der heimischen Wirtschaft aussieht, versucht Martin Kretschmann, IHK-Niederlassungsleiter in Sonneberg anhand von Zahlen deutlich zu machen. „172 Tage ist die Gastronomie geschlossen, die Übernachtungen im Landkreis sind um 38 Prozent zurückgegangen und im Einzelhandel sind seit 127 Tagen die Türen zu“, nennt er einige Beispiele. „Nur 26 Prozent schätzen im IHK-Bereich Südthüringen die aktuelle Lage als gut ein, bei den Erwartungen für die Zukunft sehen diese nur 16 Prozent der Unternehmen positiv“, weiß er aus der allgemeinen Konjunkturumfrage. Konkret für Sonneberg nennt er die Jahre 2015/16 und 2017 als recht gute Jahre der wirtschaftlichen Entwicklung. „Ende 2017 gab es dann eine Kehrtwende“, ergänzt er.

IHK-Hauptgeschäftsführer freut sich dass es gelungen ist, einen Pakt auszuarbeiten. Als Hauptpunkte sind hier die Förderung von Investitionen der Wirtschaftsunternehmen, eine partnerschaftliche Aufstellung zwischen Kommunen, Unternehmen und IHK, wirtschaftsfreundliche Satzungsauslegungspraxis und die Erleichterung in Vergaberichtlinien für regionale Unternehmen festgelegt. „Die Firmen bei Neuansiedlungen oder Investitionen schnell und unbürokratisch zu unterstützen oder die Gewerbesteuer eventuell zu stunden sind damit ebenso gemeint wie für bis zu 50-prozentige Förderung von Maßnahmen vom Land“, erläutert er. Auch in Zeiten mit hohen Inzidenzwerten müsse gewährleistet sein, dass die Unternehmen die Dienstleistungen der Ämter und Behörden in Anspruch nehmen können.

Schon jetzt sollte man aber auch an öffentliche Veranstaltungen und Einkaufsevents denken und diese mit Hygienekonzepten planen. „Hierbei geht es unter anderem um die Erteilung von verkehrsrechtlichen Anordnungen, die man unbürokratisch erteilen sollte, um die Kulanz bei Parkverstößen oder sogar um den Erlass von Parkgebühren für einen bestimmten Zeitraum oder aber nur für das jeweilige Event“, nennt er einige Möglichkeiten. Hier hinein spielt auch die Außengastronomie, die man eventuell mit Gebührensenkungen oder sogar Erlass unterstützen kann.

Gute Erfahrungen hat man bis jetzt bereits mit virtuellen Einkaufsplattformen gemacht, auf die es nun aufzubauen gilt. Ralf Pieterwas weist in diesem Zusammenhang auf die „Einkaufsmeile“, in die man sich thüringenweit eintragen lassen kann. Im Auge behalten sollte man auch das Citymanagement. Sonneberg, so weiß er, stellt das bereits bereit und begleitet bei den vielfältigsten Aufgaben.

Die Unternehmen selber sind gefordert, einen Maximalbeitrag zur Senkung der Inzidenzwerte zu leisten und in ihren Betrieben genügend zu testen, Hygienemaßnahmen einzuhalten, Homeoffice anzubieten und auch über Impfmöglichkeiten nachzudenken.

„Wir als IHK werden den gesamten Prozess begleiten, stehen als Ansprechpartner zur Verfügung und helfen auch, wenn die Kommunen einmal nicht weiterkommen sollten“, verspricht der Hauptgeschäftsführer.

„Manches haben wir schon gemacht“, ist Sonnebergs Bürgermeister Heiko Voigt zufrieden. So wurde im letzten Jahr bereits die Gewerbesteuer reduziert und stehe bereits der virtuelle Einkaufsmarkt. „Wir sind aktuell dabei einen Masterplan zum Wiederanfang in der Innenstadt anzufangen“, erklärt er. Die Pläne dafür habe man bereits in der Schublade. Jetzt werde aber erst einmal mit der Notbremse mit weiteren Einschnitten rechnen müssen. „Unser Tierpark wird dann leider wieder geschlossen“, bedauert nicht nur er. Sonntagsöffnungen und verschiedene Events trage man in der Stadt gerne mit. Allerdings müsse man hier auf die entsprechenden gesetzlichen Regelungen warten. „Und wir brauchen genügend Impfstoff“, fordert er. Nicht nur er hofft, dass der Selbstheilungsprozess der Wirtschaft so schnell wie möglich in den Gang kommt und man müsse die Daumen drücken, dass die Verluste nicht ganz so hoch ausfallen wie befürchtet.

„Man meint immer, dass Kommune und Wirtschaft zwei Bereiche mit unterschiedliche Inhalten sind“, sagt Lauschas Bürgermeister Norbert Zitzmann. Doch dem ist nicht so. Die Wirtschaft ist aber ein Teil einer Stadt oder Gemeinde. „Die Beiden gehören zusammen wie Geschwister“, meint er.

„Das finde ich total passend, denn wir sitzen alle in einem Boot“, stimmt Mike Stieler, Vorsitzender des Vorstandes der Sonneberger Sparkasse zu. Gemeinsam müsse man sehen, wie man jetzt aus der Krise herauskommt und dann auch so schnell wie möglich wieder vom Start wegkommt. „Jeder muss an seinem Platz seine Aufgaben erledigen, denn nur so wird uns ein gemeinsamer Start gelingen“, ist er sicher.

Das sieht auch der Föritztaler Bürgermeister Andreas Meusel so. Man hat heute sehr viele Ergebnisse erarbeitet und festgeschrieben. Diese müssen jetzt noch manifestiert und in den Stadt- und Gemeinderäten verabschiedet werden. Für ihn ist es ganz wichtig zusammenzuarbeiten, denn nur so könne man erreichen, dass die Wirtschaft vor Ort bleibe. „Wir als Kommunen müssen und nach besten Kräften bemühen, die Wünsche der Wirtschaft zu erfüllen“, blickt er voraus. Das sei sicher alles nicht einfach, aber gemeinsam werde es gelingen. „Aber es macht nur Sinn, wenn wir es schnell in Angriff nehmen“, betont Markus Bogoczek und alle in der Runde geben ihm Recht. Ob man es aber bis kommenden Montag schafft, damit der Pakt im Lauschaer Stadtrat zur Bestätigung vorliegen kann, wagen alle zu bezweifeln.

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