Zeidler sieht die Ursache für steigende Unfallzahlen bei den Jüngeren in der stärkeren Verbreitung von Pedelecs unter ihnen. Eine Untersuchung der UDV, die bei der Berechnung des Unfallrisikos auch die Anzahl der gefahrenen Kilometer berücksichtigt, ermöglicht außerdem einen Vergleich zum klassischen Rad. 18- bis 34-jährige Pedelec-Fahrerinnen und -Fahrer haben demnach ein deutlich höheres Risiko, an einem Unfall beteiligt zu sein, als Gleichaltrige auf Rädern ohne elektrische Unterstützung. "Junge Erwachsene können die Maximalleistung des Pedelec ausnutzen, um möglichst schnell zu fahren", erläutert Zeidler. "Zudem könnten sie ihre eigenen Fähigkeiten überschätzen."
Auch bei Personen ab 80 Jahren ist das Risiko, an einem Unfall beteiligt zu sein, laut der Untersuchung mit Pedelec höher als mit klassischem Rad. Wer mit einem Pedelec fährt, ist nach Angaben des Rechtsreferenten des ADFC, Roland Huhn, zudem durchschnittlich immer noch älter als Radfahrerinnen und -fahrer insgesamt. Das erkläre, warum Pedelec-Unfälle mit Verletzten häufiger tödlich endeten als solche mit Rädern ohne elektrische Unterstützung. Denn bei älteren Menschen sei das Risiko von schweren oder tödlichen Unfällen größer.
Geschwindigkeit, Beschleunigung und Gewicht
In das Unfallgeschehen spielen Zeidler zufolge immer mehrere Faktoren hinein: Der Mensch - etwa wie geübt er ist und wie sicher er fährt -, die Verkehrsinfrastruktur und das Fahrzeug. "Das Pedelec bringt potenziell eine höhere Geschwindigkeit und eine höhere Beschleunigung sowie ein größeres Gewicht mit", sagt sie. Damit steige auch die Wahrscheinlichkeit für einen Unfall oder einen potenziell schweren Unfall. "Das Risiko wird leicht unterschätzt."
Mit einem schweren Bike sei zum Beispiel plötzliches Ausweichen schwieriger und die Gefahr, ins Strudeln zu kommen oder zu stürzen, höher als bei einem leichteren Fahrrad, das man schneller wieder in den Griff bekomme. "Insofern spielen das Gewicht des Rades und die Frage, ob Fahrende es beherrschen oder nicht, eine Rolle", erklärt die UDV-Leiterin.
Tatsächlich kommt es auf dem Pedelec ihren Angaben nach verglichen mit dem klassischen Rad häufiger zu Alleinunfällen, bei denen die Fahrerinnen und Fahrer die Kontrolle verlieren und stürzen, "ohne dass Dritte beteiligt sind". Durch Untersuchungen wüssten sie zudem, dass Pedelec-Fahrende schneller unterwegs seien. Was für Geschwindigkeiten zum Zeitpunkt eines Unfalls vorliegen - dazu gibt es laut Zeidler allerdings keine konkreten Daten.
Empfehlungen für einen sichereren Pedelec-Verkehr
Um Unfallanalysen besser durchführen zu können, spricht sie sich für eine bessere Datenbasis rund um Pedelecs aus. Für mehr Sicherheit beim Fahren der Räder hält Zeidler außerdem eine stärkere Verknüpfung von Muskelkraft und Motorunterstützung für sinnvoll: "Das heißt: Bei starker Muskelkraft kann auch die Motorunterstützung stärker werden." Bei weniger kräftigen Fahrern würde der Motor dagegen weniger unterstützen, sodass nur Geschwindigkeiten wie auf dem klassischen Fahrrad erreicht würden. "Das würde Unfallrisiken und schwere Verletzungen reduzieren, gerade bei Älteren", sagt sie.
Wer überlegt, sich ein Pedelec zu kaufen, dem rät die UDV-Leiterin, sich im Handel beraten zu lassen. Denn es gebe ganz unterschiedliche Pedelecs. Anschließend lautet Zeidlers Tipp: unbedingt Helm tragen und sich mit dem Gerät vertraut machen. Eine Möglichkeit dazu sind Fahrsicherheitstrainings, die auch Lodemann empfiehlt. "Aber das Wichtigste ist und bleibt gute Radinfrastruktur", betont die Bundesgeschäftsführerin des ADFC. Im ganzen Land bräuchte es durchgängige, breite und sichere Radwege sowie eine konsequente Verkehrsberuhigung.