Untermerzbach Wenn der Traktor (fast) alleine fährt

Helmut Will

Felix und Dieter Reisenweber aus Untermerzbach sind Landwirte mit Herz und Seele. Doch auch sie müssen mit der Zeit gehen. Im Vordergrund steht immer öfter die Technik - und das hat viele Vorteile.

 
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Untermerzbach - Die Zeiten, in denen der Bauer noch hinter dem Pflug oder der Egge, gezogen von Pferden oder Ochsen, hinterherlief, sind lange vorbei. Die Landwirtschaft hat in den letzten Jahrzehnten einen schnelllebigen Wandel durchlebt, ist heute hoch technisiert und fordert den Landwirten großes Fachwissen für die Produktion und das Bedienen der Maschinen ab. Wer sich dem nicht gestellt hat, hinkt der Zeit hinterher und hat den Anschluss verloren.

Der Beginn der Landwirtschaft wird von Wissenschaftlern in der Jungsteinzeit, also vor etwa 12 000 Jahren gesehen. Jäger und Sammler gab es und allmählich wurde mit dem Anbau von Pflanzen begonnen. Ackerbau wurde erstmals vor etwa 11 000 Jahren betrieben.

Heute ernährt ein Landwirt etwa 150 Menschen. Doppelt so viele wie noch im Jahr 1990. Das funktioniert aber nur, weil die Bauern sich immer angepasst haben. Heute prägen moderne Maschinenparks mit leistungsfähigen Anbaugeräten, die auf den Feldern zum Einsatz kommen, das Bild eines Landwirtes. So auch das von Dieter Reisenweber und seinem 19-jährigen Sohn Felix aus Untermerzbach, die einen 180 Hektar großen Ackerbaubetrieb im Vollerwerb bewirtschaften.

Felix ist mit einem Case-Schlepper, "Maxxum CVX", der 145 PS leistet, auf dem Feld beim Grubbern. Als Grubber bezeichnet man ein landwirtschaftliches Gerät zur Lockerung des Bodens, was auch zur Unkrautbekämpfung eingesetzt werden kann. Es fällt ins Auge, dass Felix ganz entspannt in der klimatisierten Fahrerkabine sitzt und der Traktor total gerade aus fährt. Der junge Landwirt öffnet die Kabinentür und lädt zum Mitfahren ein. Dann fährt er weiter, das Geräusch des starken Motors ist relativ leise.

Felix Schlepper ist mit einem GPS-gesteuerten Fahrsystem ausgestattet. Dieses, so erklären er und sein Vater Dieter, besteht aus einem Bildschirm, der Software, einer Antenne und einem Steuerungsteil. "Ist dieses System richtig eingestellt, hält der Traktor die Spur auf zwei bis fünf Zentimeter genau", sagt Dieter Reisenweber.

Auf dem Hof Reisenweber wird das Fahrsystem seit dem Jahr 2016 eingesetzt. Angeschafft haben sich die Reisenwebers das Fahrsystem, als sie sich einen neuen Düngerstreuer kauften, der eine Arbeitsbreite von 21 Metern hat. "Würde man bei so einer Arbeitsbreite alles händisch steuern, gäbe es sicher Überlappungen, die wir vermeiden wollen, um nicht unnötig Dünger oder auch Saatgut zu verplempern", sagt Dieter Reisenweber. Mit dem Fahrsystem ist das ausgeschlossen.

Felix zeigt von seinem Fahrersitz auf die Technik, die in der Fahrerkabine eingebaut ist. Da ist neben den zahlreichen Bedienungshebeln ein Bildschirm zu sehen und auch eine Anzeige, auf der man absehen kann, ob GPS-Kontakt vorhanden ist. "Wir haben in dem System bereits unsere Felder gespeichert, sodass ich jedes Feld abrufen kann. Über das Landwirtschaftsamt, wo wir unsere Feldgrößen gemeldet haben, können wir uns die Daten über das ‚Integrierte Bayerische Landwirtschafts-Informationssystem‘ (Ibalis) runterziehen", sagt der junge Landwirt, der sich derzeit auf seine Meisterprüfung vorbereitet. Aber es sei auch möglich, direkt am Feld das System einzurichten. "Dazu muss man die Grenzen des Feldes abfahren und das System erkennt dann die Fläche, die man entsprechend speichern kann", erläutert Felix Reisenweber.

Ist das passiert, kann man los fahren. Der Schlepper steuert sich dann von selbst, hält genau die Spur mit einer minimalen Abweichung von zwei bis fünf Zentimetern. "Das Gute ist daran, dass das System genau erkennt, wo zum Beispiel schon gegrubbert oder gestreut ist und so eine Doppelbewirtschaftung ausgeschlossen ist", erklärt Dieter Reisenweber. Auch das Anbaugerät mit seiner Arbeitsbreite wird im System eingegeben. "Alle unsere Anbaugeräte mit der Arbeitsbreite haben wir in dem System hinterlegt, sodass ich jeweils das Gerät, mit dem ich arbeite, abrufen kann", erklärt der junge Landwirt. Das geht, wie er demonstriert, recht schnell. Felix fährt los. Die Hand hat er nicht am Steuer des Traktors. Dieser wird wie von "Geisterhand" beim Geradeausfahren gesteuert. Am Ende des Feldes angekommen meldet das System, dass gewendet werden muss. "Das mache ich per Hand und kann direkt neben der bearbeiteten Spur weiter fahren oder auch eine auslassen. Das alles merkt sich das Fahrsystem und arbeitet nur dort, wo die Fläche noch unbearbeitet ist", sagt Felix. Er gesteht, dass er den Bulldog mit dem System schon sehr gerne fährt. "Ganz ohne Fahrer geht es halt trotzdem nicht", lacht er.

Sein Vater Dieter und er betonen, dass man mit einer so ausgestatteten Zugmaschine nicht einfach drauflos fahren kann. Beide finden es wichtig, eine entsprechende Schulung zu besuchen, bei der von Fachleuten die Bedienung des Fahrsystems erläutert wird. "Das geschieht auf einen Bauernhof, wo Firmenvertreter, die sich damit auskennen, die Schulung durchführen", sagt Dieter Reisenweber.

Felix blickt nachdenklich und sagt: "Mit dem System sind wir in unserer Feldbearbeitung schon schlagkräftiger als ohne. Mit der SIM-Karte, die wir eingebaut haben, erreichen wir alle Satelliten, sodass wir meistens guten Empfang haben und arbeiten können." Selten komme es vor, dass man kurz warten muss, bis wieder Empfang da ist. Ist ein solcher vorhanden, so kann man zwanzig Minuten fahren, auch wenn danach das Signal gleich wieder verschwinden würde.

Der Junglandwirt verweist auch auf die Einsparung von Produkten, die in der Landwirtschaft ausgebracht werden müssen. "Beim Dünger haben wir eine Einsparung von zehn Prozent", sagt Dieter Reisenweber aber auch der Dieselverbrauch wird durch das Fahrsystem reduziert. Ganz billig ist die Sache jedoch nicht. "Unser neues Komplettsystem, vorher hatten wir eine einfachere Ausführung, kostet etwa 20 000 Euro", erläutert Dieter Reisenweber. Dazu kommen Folgekosten für die SIM-Karte und die Nutzung einer "RTK-Station", von der aus Signale gesendet werden. Trotzdem möchten Vater und Sohn Reisenweber dieses Fahrsystem nicht mehr missen. "Es macht uns die Arbeit etwas leichter und spart auch Geld für Produkte, die wir in unserer Landwirtschaft einsetzen müssen", sagen Dieter u nd Felix unisono.

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