TSV Zella-Mehlis Mini-Schritt statt Matchball

Anica Trommer
Seit 95 Jahren wird in der Zella-Mehliser Beethovenstraße Tennis gespielt. Auch das Meeresaquarium in unmittelbarer Nachbarschaft hat Interesse an dem Stück Land. Foto: Michael Bauroth

Mit knapper Mehrheit hat der Stadtrat Geld freigegeben für Planungen am Köpfchen. Geprüft wird dabei, ob sich die Sportanlage für den Tennisbetrieb des TSV eignet. Damit soll die Diskussion um einen Wegzug aus der Beethovenstraße eine Grundlage bekommen.

 
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Zella-Mehlis - Von Erpressung, emotionalen Mauern und kleinen Schritten ist am Dienstagabend im Zella-Mehliser Stadtrat die Rede. Kämmerer Torsten Widder ist überrascht, dass sein Antrag, der einzig darauf abziele, 55 000 Euro von einer Haushaltsstelle auf eine andere zu schieben, so großes Interesse auslöse.

Mehr als ein Dutzend Mitglieder des Zella-Mehliser Turn- und Sportvereins (TSV) sind zur Sitzung erschienen. Sie fühlen sich übergangen und missverstanden in der jahrelangen Diskussion um den Fortbestand oder die Auflösung ihres Tennisplatzes in der Beethovenstraße. „Hier geht es um mehr als nur um die Freigabe von finanziellen Mitteln“, moniert Wolfgang Schlegelmilch.

Er hat als Präsident des TSV von den Stadträten Rederecht erhalten und nutzt es, um auf die 95-jährige Tennistradition in Zella-Mehlis und deren derzeitige Missachtung hinzuweisen. Man fühle sich unter Druck gesetzt, den 1994 geschlossenen Erbbaurechtsvertrag zugunsten den Meeresaquariums auflösen zu müssen. Dessen Betreiber hätten ein Auge auf die Fläche geworfen hat, um erweitern zu können.

Existenz in Gefahr

Wolfgang Schlegelmilch bittet den Stadtrat eindringlich, sich vor dem Beschluss nochmals mit dem Verein abzustimmen. „Wir bieten Gespräche an und unsere Vorschläge und Einwände liegen auf dem Tisch, sind aber bisher ignoriert worden“, so der Vereinschef. Die Aussage der Verwaltung, der der TSV könne nicht mehr für seine Liegenschaften aufkommen, habe viele Mitglieder verunsichert. „Wir haben damit existenziell zu kämpfen“, sagt der Präsident.

Der TSV sei schon 2019 auf die Verwaltung zugekommen, um finanzielle Unterstützung und Sonderzuschüsse, etwa für eine Dachsanierung, zu beantragen, widersprach die zuständige Fachbereichsleiterin, Annika Ansorg, der Darstellung. Auch Gespräche zwischen Stadträten, Kommunal- und Kreisverwaltung sowie dem Verein habe es gegeben, betonen die Freien Wähler. Der Stadtentwicklungssauschuss habe sich mit dem Thema beschäftigt, auch eine Arbeitsgemeinschaft unter der Leitung von Sarah Boost sei gegründet worden und habe sich getroffen, sagt Thomas Bischof.

„Wir waren 2020 am Köpfchen und sind mit Herrn Schlegelmilch die Lokalität abgeschritten“, erinnert Fraktionschef Thomas Reuß. Der Vorschlag, dort den Tennisplatz unterzubringen, dürfe ihm daher nicht neu sein. „Es geht aber gar nicht um eine Ortsveränderung, sondern erst mal nur um einen Planungsauftrag“, betont er. So solle festgestellt werden, was auf dem Köpfchen machbar ist.

Der Stadt verpflichtet

Könne das Tennisareal in der Beethovenstraße nicht irgendwann dem Meeresaquarium zur Verfügung gestellt werden, bekäme Zella-Mehlis ein Problem. Immerhin sei der Erlebnispark der touristische Magnet in Thüringen. „Und wir sind als Stadträte auch der Stadt verpflichtet. Deswegen sollten wir jetzt nach Lösungen und einen gleichwertigen Ersatz für den TSV suchen, um Vorlauf zu haben“, sagt Thomas Reuß.

„Es ist uns wichtig, dass der Tennis in Zella-Mehlis bleibt und nicht nach Suhl-Neundorf ausgelagert wird“, sagt Sarah Boost (CDU). Diese Idee der Kooperation hatte zuvor Andreas Ott ins Feld geführt. Die Auslagerung der Tennisanlage auf das Köpfchen missfalle dem TSV, schildert der BI-Stadtrat seine Beobachtung. Doch man müsse auch das Meeresaquarium verstehen, dass seinen Gästen immer etwas Neues bieten wolle. „Das ist ein Knoten, den wir nicht lösen können, weil es keinen Konsens gibt“, sagt Andreas Ott.

Roland Hoffmann (Die Linke) regt ebenfalls an, erst Einvernehmlichkeit zwischen Stadt und Verein herzustellen, „sonst haben wir die 55000 Euro umsonst ausgegeben“. In der Diskussion werde der Eindruck vermittelt, mit der Verlegung des Tennisplatzes sei das Problem gelöst, sagt er. Doch die Planung umfasse weder Zuwegungen noch Parkplätze.“ In weiteren Gesprächen könnte dem TSV eine klare und ehrliche Perspektive aufgezeigt werden.

Erst Konsens, dann Geld

Der TSV zeige sich offen für Gespräche. „Ist ein Konsens geschaffen, dann können wir auch die 55000 Euro ausgeben“, sagt Dominique Haupt (SPD). Er bezweifelt, dass am Köpfchen überhaupt eine Tennisanlage mit multifunktionaler Nutzung entstehen kann. „Sinn und Zweck der Planung ist es, genau das herauszufinden“ betont Fachbereichsleiter Steffen Schönfeld.

Derzeit wisse man nicht, über was man rede, fügt Thomas Bischof an. Eine Planung könne Grundlage weiterer Diskussionen sein. Da es keine inhaltliche Debatte sei, bedürfe es auch keines Konsens.

Es sei nicht gut, emotionale Mauern hochziehen, stimmt Marco Bader (CDU) zu. Die Stadträte könnten eigenverantwortlich Haushaltsentscheidungen treffen. Der offene Brief, den Manfred Schlegelmilch an die Kommunalvertreter geschickt hat, trage nicht zu objektiven Bewertung bei. „Ich würde es begrüßen, wenn wir planerische Fakten schaffen“, sagt Marco Bader.

Keine Grundsatzentscheidung

Der Tagesordnungspunkt werde zur Grundsatzentscheidung hochstilisiert. Der Stadtrat löse aber weder Verträge auf, noch beraube er dem Verein seiner Spielstätte, glättet Sarah Boost die Wogen. Nur eine Fachplanung könne alle Einwände klären. „Dafür sollten wir heute die Mittel bereitstellen“, wirbt sie dafür, den Mini-Schritt zu gehen. Der TSV soll sehen, was er kriegt, wenn er die Spielstätte in der Beethovenstraße aufgeben würde, sagt sie.

Mit einer Enthaltung, zehn Nein- und zwölf Ja-Stimmen beschließt der Stadtrat, das Geld freizugeben.

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